Vaginale Mikrobizide: HIV-Prävention der Zukunft?
Vaginale Mikrobizide sind Substanzen, welche vaginal angewendet werden und eine HIV-Infektion der Frau verhindern sollten. Noch ist es Zukunftsmusik, doch die Entwicklung geht rasant vorwärts. Eine neue Arbeit im Nature zeigt eine excellente Wirkung eines vaginalen Mikrobizides im Tierversuch.
Vaginale Mikrobizide werden vor allem für die Verbesserung der Prävention in Afrika dringlich erwartet. Denn diese Substanzen erlauben es Frauen, sich selbst vor einer HIV-Infektion zu schützen, in einer Situation, in welcher Männer noch weitgehend auf den Gebrauch von Kondomen verzichten. Wir hatten schon früher über den Einsatz solcher Substanzen berichtet.
Vaginale Mikrobizide werden zur Zeit in einigen klinischen Phase-3 Studien in Afrika und Thailand untersucht. Die ersten Resultate dürften Ende 2007 zu erwarten sein. Alle diese Studien haben gemeinsam, dass jeweils eine Substanz geprüft wird.
In der nun im Nature online am 30. Oktober publizierten Arbeit haben die Autoren gleich drei antiviral wirksame Substanzen kombiniert. Dabei verwendeten sie neu entwickelte Substanzen, welche in sehr kleiner Konzentration (nanomol/l) bereits in vitro eine Infektion verhindern. Im Tierversucht haben die Autoren dann fast 1000-fach höhere Dosen eingesetzt, das Maximum, was sich in einer Gel form vernünftig lösen liess.
Im Tierversuch wurden Meerkatzen mit einem auf Affen adaptierten HIV-Virus infiziert (SHIV). Verglichen mit den nicht behandelten Kontrolltieren fand sich bei den mit Mikrobizidem Gel behandelten Tieren eine Reduktion der Infektionsrate um rund 75%. Wurde die Substanz 6 Stunden vor der vaginalen Infektion appliziert, sank die Schutzwirkung auf 50%. Zum Vergleich: herkömmliche Vaginale Mikrobizide müssen unmittelbar vor dem Geschlechtsverkehr angewendet werden, sonst werden sie unwirksam.
Wenn nun die Autoren zwei oder drei Substanzen in genügender Dosis kombiniert haben, so fand sich überhaupt keine Ansteckung mehr (Abbildung: ganz oben: alle drei Substanzen, linie 2,4 und5: zwei Substanzen, hoch dosiert). Natürlich handelt es sich hier nur um ganz wenige Infektionsversuche bei Versuchstieren. Doch die Wirkung ist eindrücklich. Diese Substanzen könnten einen Durchbruch in der Mikrobizid-Forschung darstellen, wenn sie auch beim Menschen entsprechend günstige Resultate zeigen.
Bis dies soweit ist, dürften noch einige (4-8) Jahre durchs Land ziehen. Doch die Tatsache, dass zwei potente Firmen (BMS und MERCK) in dieser Entwicklung als Partner auftreten zeigt schon, dass erstens das Potential dieser Substanzen erkannt wird und lässt zweitens hoffen, dass mit der entsprechenden finanziellen Unterstützung diese Substanzen nur wirklich effizient gefördert werden.
Bei zwei der hier kombinierten Substanzen handelt es sich um kleine Moleküle, welche die Bindung von HIV an CCR5 und CD4 hemmen (BMS-378806, CMPD-167). Der dritte Partner ist ein Peptid, welches die Fusion von HIV mit der CD4-Zelle hemmt (C52L). Das Peptid zeigt in vitro synergistische Eigenschaften mit den beiden anderen Substanzen.
Der Einsatz von vaginalen Mikrobiziden wird bestimmt auch bei uns den Umgang mit HIV grundlegend verändern. Doch es ist anzunehmen, das die Wirkung für die Prävention in Afrika besonders gross sein wird. Bereits ein nur 60% wirksames vaginales Mikrobizid könnte dort jährlich mehrere Hundertausende von neuen Infektionen verhindern. Die gleiche Gruppe hatte übrigens früher schon einen Antikörper entwickelt, welcher als vaginales Mikrobizid eingesetzt werden könnte (wir berichteten darüber)
Quelle: Veazey et al, Nature online, 30. Okt. 2005 doi: 10.1038/nature04055