Vogelgrippe: Kühlen Kopf und ruhig Blut bewahren
Im Moment überstürzen sich die Meldungen betreffend Ausbreitung der Vogelgrippe. Gerade in solchen "hektischen" Zeiten gilt es, einen kühlen Kopf zu bewahren und auf dem Boden der Realität zu bleiben.
Fast jeden Tag berichten die Medien über die Vogelgrippe, ein Phänomen, welches in Fachkreisen schon seit Jahren beobachtet wird. Wir hatten schon am 8.5.2003 – mitten in der Sars-Epidemie – davor gewarnt, dass eine Influenza-Pandemie wichtiger sei, als Sars und andere Themen. Doch im Moment scheinen die Medien die Vogelgrippe und damit die Möglichkeit einer Grippe-Pandemie erkannt zu haben, doch die Panik scheint zu überborden.
Angst ist ein schlechter Berater, gerade in Situationen einer Epidemie. In der heutigen Sonntagszeitung (21.8.05) kritisiert der Autor Matthias Meili das Bundesamt für Veterinärwesen (BVet), weil es keine Massnahmen zum Schutze der Freilandhühner getroffen habe, wo doch in Deutschland solche Massnahmen schon beschlossene Sache sei (s. Spiegel: Hühner sollen drinnen bleiben). Doch nicht alles, was Deutsche Politiker beschliessen, ist sinnvoll.
Die aktuelle Ausbreitung der Vogelgrippe auf die östlichen Teile Russlands und Kasakstans (vgl. Bericht WHO) kommt nicht unerwartet. Die Vogelgrippe (H5N1), welche seit Monaten in Asien zirkuliert, hat wie alle Influenza-Viren ihren Ursprung bei den wilden Enten und Zugvögeln. Dass diese Zugvögel nun Richtung Russland ziehen, liegt in der Natur des Vogelzuges. Der heutige NZZ-Artikel behauptet, man soll die Prävention bei den Vögeln ansetzen. Doch dies ist ein Ding der Unmöglichkeit. Die H5N1 Influenza wird die Wildvögel weltweit befallen.
Was wir allenfalls verhindern könnte, wäre ein Befall der domestizierten Schweine und anderer Säugetiere, welche für das sog. Re-Assortment notwendig sind. Dabei geht es um den Austausch von Genabschnitten zwischen den Vogel-Viren und solchen (von Schweinen und Menschen), welche besser von Mensch zu Mensch übertragbar sind (vgl. dazu unseren Bericht "Vogelgrippe: ganz so schnell kommt die Pandemie doch nicht").
Gegen die Influenza Pandemie gibt es nur eines: sich vorzubereiten. Und entgegen anderslautenden Berichten dürfen wir festhalten, dass sich die Schweiz sehr gut vorbereitet hat. Das BAG hat einen effizienten Pandemieplan erstellt. Dieser Plan regelt die notwendigen Massnahmen eines Krisenstabes und regelt auch die Verteilung des Neuraminidase-Hemmers Oseltamivir, einem Medikament zur Influenza Prävention und Therapie. Von diesem Medikament werden grosse Lagerbestände aufgebaut. Das Ziel ist, genügend Medikamente zur Verfügung zu haben, um 20-25% der Bevölkerung zu behandeln. Das ist mehr als jedes andere Europäische Land erreichen wird.
Natürlich wäre in einem Epidemie-Fall eine Impfung erstrebenswert. Doch bis eine solche produziert ist, dürfte im Bedarfsfall noch einige Zeit verstreichen. Ob die Kapazitäten Europäischer Impfstoffhersteller auch genügen werden, ist auch fraglich. Würde sich die Bevölkerung häufiger in der normalen Grippe-Saison impfen lassen, wären auch diese Produktionskapazitäten besser für den Fall einer Pandemie gewappnet (vgl. dazu auch BMJ vom 20.8.05).
Die Schweiz hat eigentlich alle Anforderungen für einen wirksamen Pandemieplan erfüllt. Als eines der wenige Europäischen Länder hat die Schweiz auch bereits eine Landesweite Übung zum Training des Krisenmanagements durchgeführt. Dazu kommt, dass sich die WHO stark engagiert, dass ein Ausbruch der H5N1 Influenza beim Menschen, möglichst schon im Keim erstickt wird. Eine Szenario, welches nicht ganz unrealistisch ist (s. unseren Bericht).
Um es zusammenzufassen:
- Jährliche Grippe-Impfungen fördert die Impfstoffkapazität
- Die Schweiz hat einen sorgfälltig aufgebauten, wirksamen Pandemieplan
- Sollte sich die Influenza nicht im Keim ersticken lassen, gilt es mit Ruhe aber entschlossen die notwendigen Quarantäne- und Vorsorgemassnahmen zu organisieren
Auf jeden Fall wird www.infekt.ch die Situation weiter beobachten und Sie weiterhin auf dem Laufenden halten.