"AIDS" ohne HIV

Die moderne Therapie macht vieles möglich. Mit den neuen Immunmodulierenden Substanzen, welche für viele Krankheiten wirklich eine Verbesserung bringen, erkauft man sich aber auch neue Probleme. So treten gehäuft infektiöse Probleme mit z.t. opportunistischen Erregern auf, und ergeben plötzlich neue Krankheitsbilder, an die man denken muss. Bilder , die wir früher häufig bei HIV Patienten sahen.

Das NEJM publiziert als early release Artikel, welche in der Ausgabe vom 28. Juli erscheinen werden, 3 kurze Fälle, welche unter Therapie mit Natalizumab eine progressive multifokale Enzephalopathie (PML)entwickelten.. Natalizumab ist ein monoklonaler AK gegen Alfa-4 Integrine und wird bei M. Crohn und bei Multipler Sklerose eingesetzt.

Nun sind 3 Fälle bekannt geworden, welche unter Therapie mit Natalizumab eine PML entwickelten. Wir wissen, dass das auslösende Agens für die PML das JC Virus ist. 50-80% der immunkompetenten Gesunden sind Träger dieses Virus, und solange unsere Abwehr intakt ist, geschieht auch nichts. Bei HIV Patienten haben wir gelernt, dass das JC Virus, wenn die Immunlage schlecht wird, eine PML auslösen kann.

Nun lernen wir, dass das Natalizumab eben genau die gleiche Krankheit auslösen kann, bedingt durch Verschlechterung der lymphozytären Funktion.

Es kommen immer wieder neue immunmodulatorische Substanzen auf den Markt, wo wir den Einsatz gut kontrollieren müssen, und wo wir auch lernen müssen, wie die Immunabwehr genau geschwächt wird und was dies alles auslösen kann.

In Zukunft werden wir vermutlich immer mehr „neue“ opportunistische Infektionen bei nicht HIV Patienten erleben, das heisst wir müssen einfach auch hellförig sein und bei Patienten mit immunmodulatorischen Therapien eben auch immer die Opportunisten suchen.

Der Begriff AIDS ist eigentlich für den Immunmangel, hervorgerufen durch das HIV , besetzt, dennoch kommen da vermutlich die gleichen Krankheiten auf uns zu , wei früher durch das HIV, und somit der provokative Titel, das „neue AIDS“, denn auhc hier handelt es sich ja um einen erworbenen Immunmangel.

Die oben zitierten Artikel werden in der Ausgabe vom 28. Juli des New England Journal of Medicine zu lesen sein.

Quelle: Van Assche, NEJM online edition 9.6.05