Zusätzliche PCR beim HIV-Screening?

Ein Artikel im NEJM vom 5. Mai 2005 geht der Frage nach, wie viele HIV-Infektionen zusätzlich entdeckt werden können, wenn neben einem gewöhnlichen Antikörper-Screening-Test auch der Erreger selbst, also die RNA gesucht wird. Bei Infektionen mit RNA-Nachweis und gleichzeitig negativem Antikörper-Suchtest, handelt es sich um frische Infektionen im sogenannten diagnostischen Fenster. Das „Entlarven“ von akut HIV-Infizierten macht deshalb Sinn, weil sie generell infektiöser sind als Personen mit latenter, chronischer HIV-Infektion, es spielt also eine wichtige Rolle in der Prävention.

Die Autoren aus North Carolina haben während einem ganzen Jahr insgesamt 109″250 HIV-Teste aus 110 Zentren in North Carolina analysiert (keine anonymen Tests). Untersucht wurde das BLut einerseits mit dem Standard EIA-Antikörpernachweis (Bestätigung mit Westernblot) und mit einem weniger sensitiven Antikörpertest. Mit diesem Test frische Infektionen (4-6 Monate alt) von älteren abgegrenzt werden. Zusätzlich wurde der Erregernachweis aus gepoolten Seren (100 Proben pro Pool) mittels PCR durchgeführt.

 

In der getesteten Population war die Prävalenz der HIV-Infektion mit 5.5% sehr hoch.Bei rund 1% handelte es sich um eine Infektion, welche im letzten halben Jahr acquiriert wurde, bei 23 Personen – entsprechend 0.2% – lag eine frische HIV-Infektion mit RNA-Nachweis bei negativem Ak-Suchtest vor. Mit anderen Worten: die HIV Detektionsrate konnte um knapp 4% gesteigert werden. Bemerkenswert ist die Tatsache, dass zum Zeitpunkt des Tests nur 7 von den 23 frisch Infizierten Symptome einer akuten HIV-Infektion hatten, weitere 8 Personen hatten Symptome einer anderen sexuell übertragbaren Erkrankung (STD) und 1 Person war schwanger. 16 der 23 akut Infizierten hatten eine auf STD spezialisierte Klinik aufgesucht. Interessanterweise blieb eine Person Ak-neg, aber PCR pos, und entwickelte während des follow-ups von 12 Monaten eine Pneumocystis carinii-Pneumonie. Zwei der pos PCR-Resultate erwiesen sich als falsch reaktiv.

 

Die zusätzlichen Kosten der PCR Untersuchung beliefen sich auf 3.60 US$/Probe und 17″500 US$/ zusätzlich detektierte HIV-Infektion.

Angesichts der Tatsache, dass ein Grossteil der HIV-Infektionen von frisch Infizierten mit hoher Viruslast übertragen werden, scheint dieser Mehraufwand vertretbar. Insbesondere bei Schwangeren kann die Übertragung auf das Kind praktisch sicher mit entsprechenden Massnahmen verhindert werden, aber auch sonst könnten Präventionsmassnahmen äusserst effizient eingesetzt werden.

 

Zwei Punkte sind allerdings doch einzuwerfen: in der Schweiz sind die zusätzlichen Kosten wesentlich höher, nicht zuletzt deshalb, weil die Tests nicht so zentralisiert analysiert werden können. Zum zweiten werden in der Schweiz seit einigen Jahren routinemässig die sogenannten Duo-Teste verwendet. Diese erkennen sowohl HIV Antigen wie auch HIV-Antikörper. Aus einer früheren Studie in der Schweiz wissen (REF) wir, dass die Antiben-Detektion praktisch alle frühen Infektionen detektiert und vom zusätzlichen Erregernachweis mittels RNA-PCR nicht viel Nutzen zu erwarten ist (diagnostisches Fenster ca 4 Tage kürzer mittels PCR). Die Duo Teste, wie sie in der Schweiz Verwendung finden, sind gleich teuer wie ein regulärer HIV-Antikörper Test.

 

Zur Beurteilung der Kosteneffizienz spielt die Prävalenz der HIV-Infektion in der untersuchten Population eine wesentliche Rolle. In der Schweiz rechnen wir zur ZEit mit ca. 700 positiven Testresultaten auf 300″000 jährlich durchgeführten Test (ohne Blutspenden), also einer Prävalenz in der untersuchten Population von ca. 0.2%.

 

Quelle: NEJM 352;18, May 5, 2005