Zeckentest
Neuerdings wird die Möglichkeit angeboten, nach einem Zeckenstich die Zecke mittels PCR untersuchen zu lassen, ob diese mit Borrelien infiziert ist ("Zeckentest"). Ist diese Untersuchung sinnvoll?
Borrelien werden nur durch Zecken der Gattung Ixodes übertragen. Jedoch werden nicht alle Zeckenstiche durch Ixodes-Zecken verursacht. Von den Ixodes-Zecken sind wiederum nicht alle mit Borrelien infiziert, in der Schweiz regional verschieden 5-30% (s. u.). Weiterhin werden nicht bei jedem Zeckenstich durch Ixodes-Zecken Borrelien übertragen: Während ihrer Blutmahlzeit gibt die Zecke flüssige Anteile des Blutes wieder an den Wirt zurück, indem sie diese über ihre Speicheldrüsen in die Wunde ausscheidet. Dabei erst werden die Borrelien mit dem Speichel übertragen.
Dieser Vorgang setzt erst nach ca. 24 Stunden ein, so dass ein früh entdeckter Zeckenstich nicht zu einer Übertragung der Borrelien führt. Insgesamt kommt es daher nur in ca. 1% der Zeckenstiche zu einer Infektion mit Borrelien (Shapiro et al. N Engl J Med 1992; 327:1769-73). Wenn eine Infektion mit Borrelien stattgefunden hat, verläuft diese meist assymptomatisch, denn in der Schweiz finden sich bei ca. 10% der Bevölkerung im Western-blot Antikörper gegen Borrelien als Hinweis für eine durchgemachte Infektion (Seropositivität), jedoch nur ca. 3000 Personen erkranken jährlich an einer Borreliose.
Ob asymtoptomatische Seropositive therapiert werden müssen, ist unklar. Auch ist zu bedenken, dass in den Fällen, in denen eine Borrelien infizierte Zecke mittels PCR entdeckt wird, aber noch gar keine Übertragung von Borrelien stattgefunden hat, Patienten überflüssigerweise therapiert werden.
Da die Wahrscheinlichkeit, nach einem Zeckenstich an einer Borrelieose zu erkranken so gering ist, halten wir einen aufwendigen Test mittels PCR der Zecke für nicht erforderlich. Weiterhin ist unklar, wie Patienten, die von einer Borrelien infizierten Zecke gestochen wurden, überhaupt therapiert werden sollen. In einer amerikanischen Studie zur Postexpositionsprophylaxe mit einmaliger Gebe von 200 mg Doxycyclin in einem Hochendemiegebiet (3% der Kontrollgruppe entwickelten nach Zeckenstich ein Erythema migrans) konnte die Erkrankung in 87 % der Fälle verhindert werden. Dies ist für sehr besorgte Patienten mit hoher Wahrscheinlichkeit einer Borrelien Infektion (Zeckenstich im Frühjahr bis Sommer, ausreichend lange Dauer des Zeckenstiches und Gebiet mit hoher Prävalenz) eine kostengünstige Alternative (< 2.- CHF) zum "Zeckentest" (s. unseren früheren Beitrag dazu). Diese Studie wurde in den USA durchgeführt, aufgrund unterschiedlicher Borrelien (nur B. burgdorfei in den USA, in Europa auch B. azzelii und garinii) sind diese Ergebnisse möglicherweise nicht auf die Schweiz übertragbar).
Wir rufen an dieser Stelle nochmals die Vorsichtsmassnahmen zur Verhinderung einer Infektion in Erinnerung:
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nach Aufenthalt im Wald (bes. bei direktem Kontakt mit Buschwerk, hohen Gräsern o.ä.) sollte man sich nach Zecken absuchen. Da diese Körperregionen mit weicher Haut (Kniekehle, Leiste, Axilla) bevorzugen, lassen sie sich häufig noch auf der Haut entdecken, bevor sie gebissen haben.
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nach einem Zeckenstich sollte die Zecke entfernt werden, indem man sie – am besten mit einer Pinzette- möglichst nah an der Haut greift und gerade herauszieht (kursierende Ratschläge über erforderliche Drehungen mit oder gegen den Uhrzeigersinn sind Unsinn). Massnahmen, die zum Tod der Zecke führen (Öl, Klebstoff, Feuerzeug…) sind schädlich, da sie eine Ausscheidung des Borrelien enthaltenden Speichels der Zecke begünstigen.
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nach Zeckenstich sollte die Bissstelle beobachtet werden, ob sich ein Erythema migrans entwickelt. Durch die Reizung des Bisses und den Speichel der Zecke kommt es häufig zu einem kurzdauernden Erythem, das nicht mit dem sich über Tage ausbreitenden Erythema migrans verwechselt werden darf.