Fieber und dickes Bein

Weichteilinfekte,

Protheseninfekte, nekrotisierende Fascitis
Prof. Dr. Ursula Flückiger, Kantonsspital

Basel

Prof. Dr. Ursula Flückiger aus Basel widmete sich unter dem Titel „Fieber und dickes Bein“ vor allem den Protheseninfekten und der nekrotischen Fasciitis.

Wichtig bei Protheseninfekten – hier sind neben Gelenkprothesen auch Gefässgrafts angesprochen – ist der Zeitpunkt der Infektion in Relation zur Implantation. Von einem Frühinfekt spricht man innerhalb der ersten 3 Monate, zwischen 3 Monaten bis 2 Jahren von einer verzögerten Infektion und anschliessend von einem Spätinfekt. Bei Frühinfekten findet man als Erreger vorwiegend Staphylococcus aureus, insbesondere bei Personen, die diesen Keim auf ihrer Nasenschleimhaut tragen. Ein erhöhtes Risiko für einen Carrierstatus haben Diabetiker, Patienten mit Psoriasis und Dialysepatienten. Postoperativ wird dabei die Wunde durch den eigenen Keim besiedelt, der durch die durchbrochene Barriere bis auf die Prothese herab wandert.  Klinisch präsentieren sich diese Patienten mit Fieber, Schmerzen und Rötung im OP-Gebiet, so dass die Diagnose keine grösseren Schwierigkeiten bereitet. Anders ist das bei den verzögert auftretenden Infektionen: hier findet sich häufig lediglich eine seröse Sekretion an der Wunde, Verlauf und Symptomatik sind weniger akut als bei den Frühinfekten. Verantwortlich sind häufig koagulasenegative Staphylokokken. Bei Spätinfekten hingegen kommt wieder der S. aureus ins Spiel. Während einer Bakteriämie lagert er sich an das Fremdmaterial an und schützt sich mittels Biofilm vor den Zugriffen von körpereigener Abwehr und Antibiotika. Auch E.coli und vergrünende Streptokokken werden bei solchen späten Infektionen gefunden. Die Diagnosestellung ist häufig erschwert durch die relativ milde klinische Symptomatik: viele Patienten klagen im Anschluss an eine Bakteriämie lediglich über Schmerzen im Prothesenbereich. Fieber und erhöhte Entzündungszeichen fehlen oft. Protheseninfekte stellen ein interdisziplinäres Problem dar, das zusammen mit Orthopäden gelöst werden muss. Bei Verdacht auf Infekt ist ein chirurgisches Debridement mit Entnahme mikrobiologischer Proben vor Antibiotika-Gabe und histologischer Untersuchung notwendig. Sollte die Prothese bereits gelockert sein, muss sie entfernt werden. Je nach Erreger wird man dann eine entsprechende Langzeittherapie einleiten, die bei der Hüfte 3 und beim Knie 6 Monate dauern sollte. Bei Gefässprothesen sollte ein Ersatz vorgenommen werden, der ausserhalb des infizierten Bereiches zu liegen kommt, da hier die Gefahr eines Ausrisses mit Blutung besteht. Bei dem komplexen Problem der Protheseninfekte ist angesichts der langen Therapiedauer wichtig, dass die mikrobiologische Diagnostik nicht durch ungezielte ambulante antibiotische Therapie gestört wird.

Eine weitere interdisziplinäre Erkrankung ist die nekrotisierende Fasciitis. Hier werden 2 Formen unterschieden: bei Typ I handelt es sich um gemischte Infekte, die als Fournier-Gangrän meist das Genitale und den Perianalbereich betreffen. Bei Typ II heisst der Erreger Streptococcus pyogenes. In 50% ist ein Toxic shock-Syndrom assoziiert, die Mortalität liegt daher hoch: bei 30-70%. Wie die Bezeichnung bereits verrät, handelt es sich um einen tiefen Weichteilinfekt, der die Fascie überschreitet und rasch zu ausgedehnten Muskelnekrosen führen kann. Leitsymptom ist der extreme Schmerz, der auch bei unauffälligem klinischen Befund hellhörig machen sollte. Angesichts des raschen Verlaufes ist es wichtig, auf unnötige Diagnostik zu verzichten und möglichst rasch  ein chirurgisches Debridement vorzunehmen. Kernspintomographische Untersuchungen sind nur im Zweifelsfall indiziert und dürfen keinesfalls die Therapie verzögern. Intraoperative Proben sind zur Erregeridentifikation geeignet. Bei der antibiotischen Therapie sollte zunächst ein breites Mittel, z.B. Imipenem gewählt werden, dem man Clindamycin zugeben kann, um die Toxinbildung der Bakterien zu verhindern. Nach Erhalt der Kulturergebnisse kann dann je nach Erreger eingeengt werden.

Fieber und dickes Bein bedeutet also in zahlreichen Fällen eine gute Zusammenarbeit und Kommunikation von operativ tätigen und infektiologischen Kollegen!!

 

Anja Meurer

 

Die vollständige Präsentation des Vortrags von Prof. Dr. Ursula Flückiger (pdf-file) finden Sie hier