Mitochondriale Toxizität: Die NRTIs bleiben die Schuldigen
Vor 5 Jahren wurde zum ersten Mal die mitochondriale Toxicität der Nuleosid-Analoga (NRTI) als Ursache der Lipoatrophie unter HIV-Therapie postuliert. Mittlerweilen scheint der Fall klar zu sein…
Vor gut 5 Jahren hatte der Holländer Brinkmann behauptet, dass die bei HIV Patienten beobachtete Fettumverteilung auf eine mitochondriale Nebenwirkung der NRTI zurückzuführen war. Bis dahin hat man diese Nebewrkung den Protease-Hemmern zugeteilt.
Trotz aller Skepsis gegenüber der Brinkmann-Hypothese wurde die Gewissheit immer klarer, dass es die NRTI sind, welche zur kosmetisch störenden Lipoatrophie im Gesicht und an den Extremitäten führen. In der Folge konnten die meisten (spät auftretenden) Nebenwirkungen der NRTI auf eine (kumulative) Schädigung der Mitochndrien zurückgeführt werden. Zahlreiche Arbeiten, unter anderem eine sehr bekannte von Birkus et al, hatten in vitro und in vivo gezeigt, dass die NRTI auch den Kopiervorgang der mitochondrialen DNA stören. Dies führt zu Problemen im Energiehaushalt vieler Zellen, darunter auch der Fettzellen, Leber, Pankreas, Nerven und anderen Organen.
In einer kleinen aber intensiv untersuchten Population von 20 Patienten haben Chapplain et al. nun vergleichen, inwiefern sich Patienten mit und ohne Lipoatrophie (je 10 Patienten im Sinne einer Fall-Kontroll Analyse) unterscheiden. Die Autoren haben sehr viele Eigenschaften untersucht, neben der Fettumverteilung mittels DEXA, der Leistungsfähigkeit in der Ergometrie auch mitochondriale Funktionen in Muskelgeweben etc. Es zeigte sich recht eindrücklich, dass die Patienten mit Lipoatrophie eindeutig mehr Zeichen der mitochondrialen Schädigung aufwiesen. Wenn man dann diese beiden Gruppen vergleicht, findet sich kein Unterschied in der Behandlung mit non-Nukleosid-RT-Inhibitoren oder Proteasehemmern, jedoch ein deutlicher Unterschied in der Dauer der NRTI-Behandlung. Unter den NRTI sind es besonders die D-drugs DDI und D4T (Didanosine, Stavudine, s. Tabelle) welche den Unterschied machen.
Diese besondere mitochondriale Toxizität haben wir in einer gemeinsamen Arbeit mit Walker aus Freiburg (Diehl et al.)auch gezeigt, dass die d-drugs über eine mitochondriale Nebenwirkung eine Schädiung der Spermienbeweglichkeit zur Folge haben.
Quelle: Chapplain et al, JAIDS, 1.12.04