HAART und ihre Nebenwirkungen

So gross der Erfolg der hochaktiven antiretroviralen Therapie (HAART) bei der Kontrolle der HIV-Infektion ist, so gefürchtet sind die Nebenwirkungen der Fettumverteilung und Störungen des Lipid- und Glucosestoffwechsels. Mittlerweile zeichnet sich ab, dass eine HAART auch mit einem erhöhten kardiovaskulären Risiko assoziiert ist. Eine Uebersicht im New England Journal of Medicine (NEJM 352;1, Jan 6, 2005) zeigt neueste Erkenntnisse zu Mechanismen und Behandlungsstrategien.

Dass man sich um kardiovaskuläre Risikofaktoren bei chronischer HIV-Infektion zu sorgen beginnt, hat zumindest den positiven Aspekt, dass durch HAART eine wesentlich längere, wenn nicht sogar fast normale Lebenserwartung erreicht werden kann. Eine Arbeit der D:A:D Studie, an der sich auch die Schweizerische Kohortenstudie beteiligt, zeigte einen langsamen Anstieg des Risikos eines Myokardinfarktes bei längerer HAART-Dauer (s. unseren Beitrag dazu)

Kardiovaskuläre Risikofaktoren sollten bei HIV-Patienten vollständig erfasst und behandelt werden. Dabei stellt sich das Problem, dass die Wirksamkeit der HAART nicht verschlechtert werden sollte, um beispielsweise eine Hyperlipidämie günstig zu beeinflussen. Falls ohne Einbusse der Wirksamkeit möglich, kann bei einer Hyperlipidämie nebst dem Einsatz eines Lipidsenkers der Ersatz von Proteasehemmern durch NNRTI, einen dritten NRTI oder den Proteasehemmer Atazanavir erfolgreich sein.Untersuchungen vor Beginn einer HAART

Bei der Kombination einer Fettakkumulation am Stamm und Insulin-Resistenz hat sich gezeigt, dass mit Diät und Training eine Verbesserung von beidem erreicht werden kann. Auch Metformin als "Insulin-Sensitizer" hat nicht nur einen positiven Effekt auf die unter HAART häufig auftretende Insulinresistenz sondern auch auf die Fettakkumulation. Wie viele Patienten unter HAART aus der Insulinresistenz wirklich einen Diabetes mellitus entwickeln ist noch unklar. Möglicherweise wird zukünftig empfohlen, bereits die Insulinresistenz zu behandeln und nicht erst den manifesten Diabetes im Sinne einer Normalisierung des Stoffwechsels.

Interessant, dass eine neuere Gruppe von Antidiabetika, die Thiazolidinedione, bei einer Kombination einer Lipoatrophie mit Insulinresistenz eine Verbesserung der Lipoatrophie bewirken könnten. Leider können sie aber mit einem Ansteigen der Triglycerid- und LDL-Werte assoziiert sein. Die Lipoatrophie ist zwar bei einem Teil der Patienten nach Ersatz von Stavudine und Didanosine durch andere NRTI (v.a. Abacavir und Tenofovir) zumindest teilweise spontan regredient, ansonsten gibt es aber keine wirklich erfolgversprechende Massnahmen.

Die nebenstehende Tabelle aus der zitierten Arbeit fasst die Untersuchungen zusammen, welche nach Ansicht der Autoren vor Beginn einer antiretroviralen Therapie durchgeführt werden sollten. Sie entsprechen dem standardisierten Vorgehen, welches in allen Schweizerischen Kohortenzentren Routine ist.

Quelle: Grinspoon & Carr, NEJM, 2005;352:48-62