Influenza Pandemien – Ring-Prophylaxe mit Neuraminidaseinhibitoren – eine wirkungsvolle Strategie ?
Im Falle einer Influenza-Pandemie, dürfte die Produktion von Grippeimpfstoff zu spät greifen. Ein alternatives Konzept wurde kürzlich im BMJ vorgestellt.
Die Kosten für das Gesundheitssystem im Falle einer Influenza-Pandemie werden allein für die USA auf mehr als 80 Milliarden Euro geschätzt. Das aktuell favorisierte Konzept einer aktiven Immunisierung zur Eindämmung einer Pandemie, stösst nach Ansicht einer israelischen epidemiologischen Arbeitsgruppe schon allein aufgrund von Kapazitätsengpässen des technisch nicht rasch genug reproduzierbaren Impfstoffes an seine Grenzen, weshalb neue Strategien evaluiert werden müssen.
Eine kürzlich veröffentlichte Arbeit von Cooper et al. (BMJ 2003;326:1235-40) konnte für die prophylaktische Anwendung von Neuraminidaseinhibitoren eine 70-90% Risikoreduktion der Transmission von Influenza zeigen. Ähnlich der erfolgreich durchgeführten Ring-Impfung bei den Pocken – hierbei erfolgte eine Postexpositionsimpfung bei nahem Kontakt – favorisieren die Autoren deshalb eine 5-10 tägige Kurzzeitprophylaxe verbunden mit Isolationsmassnahmen bei Influenzaausbrüchen.
Durch diese Massnahmen könne dann auch ausreichend Zeit zur Produktion entsprechender Impfstoffmengen und zur Durchführung einer Immunisierung gewonnen werden. Zu bedenken ist, dass eine im Vergleich zu den Pocken kürzere Inkubationszeit, eine höhere Transmissionsrate sowie das Fehlen spezifischer Symptome in der Frühphase den Erfolg prophylaktischer Massnahmen sicherlich erschweren. Medikamentencompliance und die Akzeptanz von Isolationsmassnahmen in der Bevölkerung sind zudem unvorhersehbare Faktoren, was den Erfolg dieser Strategie betrifft. Auch eine zunehmende Resistenzentwicklung bei Incompliance im Falle einer prolongierten Anwendung gilt es zu bedenken. Die Bereithaltung entsprechender Medikamentenmengen stellt ebenfalls einen nicht zu vernachlässigenden Kostenfaktor dar. Auch zur Transmission durch subklinisch Infizierte liegen bislang nur ungenügende Daten vor. Trotz vieler ungelöster Fragen darf man mit Spannung weitere Ergebnisse laufender mathematischer Modelle sowie die testweise Anwendung bei lokalen Epidemien erwarten.
Quelle: BMJ 2004;328:1391-2