Das aktuelle Thema: Hot Topics der Infektiologie 2004

Das aktuelle infektiologische Thema: Vogelgrippe 2004
Dr. G. Eich, Kantonsspital St. Gallen

Gerhard Eich spricht über die aktuelle Vogelgrippe-Epidemie, die sich auf bereits 8 Länder in Südostasien ausgeweitet hat. Über 100 Mio Hühner wurden entweder im Rahmen der Kontrollmassnahmen vernichtet oder sind direkt an der Grippe umgekommen. Daneben wurde das Virus aber auch auf Menschen übertragen und 23 Personen sind bis heute daran verstorben. Die WHO befürchtet eine neuen Influenza-Pandemie, die in ihrem Ausmass die SARS-Epidemie um mehrere Grössenordnungen übertreffen würde.

 

Influenza A – Viren haben ihr natürliches Reservoir im Darm von Wasservögeln und verursachen bei diesen keine Krankheitssymptome. Bei engem Kontakt kann das Virus auch auf Hühner übertragen werden, die jedoch daran erkranken: vermindertes Wachstum, reduzierte . Eierproduktion. Das Hämagglutinin ist ein Oberflächenprotein des Virus und ermöglicht den Eintritt in die Wirtszelle. Durch eine Mutation im Gen des Hämagglutinins ist das Virus in der Lage, sich nicht nur im Darm, sondern in verschiedensten Organen der Hühner zu vermehren. Diese gehen in der Folge an einer fulminanten Erkrankung ein: man spricht von „highly pathogenic avian influenza“ (HPAI). Da die Infektion hoch kontagiös ist, vernichtet sie in wenigen Tagen die Bestände von ganzen Hühnerfarmen. Ausbrüche solcher HPAI sind in den letzten Jahren verschiedentlich aufgetreten. Sie konnten durch die Vernichtung des aller Tiere der betroffenen Farmen jeweils dadurch unter Kontrolle gebracht werden. Der Umstand, dass der aktuelle Ausbruch nun erstmals mehrere Länder betrifft und dass die Geflügel-Produktion in diesen Ländern sehr oft in Hinterhöfen betrieben wird, lassen die Hoffnung auf eine Kontrolle des Ausbruches schwinden.

 

Der Rezeptor für das Hämagglutinin auf den Wirtszellen ist die Sialinsäure. Diese ist über Galaktose an eine Kohlenhydrat-Seitenkette gebunden, die typischerweise an den Oberflächenproteinen der eukaryoten Zellen zu finden sind. Die Verküpfung der Galaktose mit der Sialinsäure kann nun entweder über eine a-2,3- oder über eine a-2,6-Bindung erfolgen.  Der resultierende Rezeptor hat eine andere räumliche Struktur. Bei den Sialinsäuren der Vögel erfolgt die Verknüpfung über eine a-2,2-Bindung, beim Menschen über eine a-2,6-Bindung. Influenza-Viren von Vögeln können deshalb im allgemeinen keine menschlichen Zellen befallen. Bei Schweinen ist die Sialinsäure jedoch teils a-2,6 und teils a-2,3 verknüpft. Entsprechend können Schweine sowohl von Influenza-Viren der Vögel, wie auch von Influenzaviren der Menschen befallen werden.

 

Bei einer Ko-Infektion von beiden Virustypen kann es zu einem Austausch von Genmaterial der beiden Viren kommen. Gegen die neuentstehenden Viren besteht in der Bevölkerung u.U. kein immunologischer Schutz, zudem können sie sich effizient von Mensch zu Mensch verbreiten. Die Grippe weitet sich innerhalb kurzer Zeit über den ganzen Globus aus: eine Pandemie entsteht. An der grossen Grippe-Pandemie von 1918 war über eine halbe Milliarde Menschen erkrankt und bis zu 40 Mio Personen verstarben daran. Betroffenen war v.a. auch die Bevölkerung im mittleren Alter von 20 bis 50 Jahren.

 

Seit 1997 in Hong Kong 18 Person an der Vogelgrippe H5N1 erkrankt waren und 6 davon verstarben, weiss man, dass das Grippevirus der Vögel in seltenen Fällen auch ohne den Umweg über das Schwein direkt auf den Menschen überspringen kann. Die ist nun auch in Vietnam und Thailand geschehen. Zum Glück hatte das Virus bis jetzt noch nicht die Zeit, sich so weit an den Menschen zu adaptieren, dass es auch effizient von Mensch zu Mensch übertragen werden kann. Je mehr Personen aber an der Vogelgrippe erkranken, um so mehr steigt das Risiko, dass dem Virus diese Adaption gelingen wird. Genau dies will man mit der Massentötung der betroffenen Hühnerbestände verhindern.

Die vollständige Präsentation des Vortrags von Dr. Gerhard Eich (pdf-file) finden Sie hier