Weniger Antibiotikaeinsatz dank Procalcitoninbestimmung

Eine neue Arbeit zeigt, dass das Serum-Procalcitonin bei Verdacht auf Lungenentzündung zuverlässig bakterielle von nicht bakteriellen Erkrankungen unterscheidet. Ein optimaler Einsatz dieses Tests könnte den Antibiotikakonsum um 50% reduzieren.

Der ungerechtfertigt hohe Verbrauch von Antibiotika wird als eine der Hauptursachen für die zunehmende Resistenzentwicklung angesehen. 75% aller in der Humanmedizin eingesetzten Antibiotika werden zur Behandlung von Atemwegsinfektionen verwendet, obwohl bekannt ist, dass viele Atemwegsinfektionen viral und nicht bakteriell bedingt sind. Ein wesentlicher Grund für den häufigen Antibiotikaeinsatz bei Atemwegsinfektionen ist die Schwierigkeit virale und bakterielle Infektionen zu unterscheiden. Es besteht nicht nur eine grosse Überlappung bei der klinischen Präsentation, auch Laboruntersuchungen helfen bei der Differenzierung wenig weiter: bakterielle Kulturen unterscheiden nicht zwischen Standortflora und Infektionserreger, und das C-reaktive Protein ist ein relativ unspezifischer Entzündungsmarker, dessen Plasmaanstieg zudem mit einer Verzögerung stattfindet.

 

Seit einigen Jahren ist nun bekannt, dass bei bakteriellen Infektionen Vorläufer des Calcitonin, u.a. Procalcitonin, im Serum erhöht sind, bei viralen und nicht infektiösen Entzündungen jedoch tief bleiben. Der Nutzen von Procalcitonin bei der Diagnose bakterielle Infektionen wurde inzwischen schon in mehreren Studien belegt.

 

Eine Gruppe am Kantonsspital Basel um Beat Müller hat nun in einer im Lancet am 21. Februar 2004 publizierten Arbeit gezeigt, dass die Bestimmung von Procalcitonin die Unterscheidung von viralen und bakteriellen Infektionen erlaubt. Patienten mit Verdacht auf eine Infektion der unteren Atemwege wurden  in zwei Gruppen randomisiert. Das Management der ersten Gruppe war konventionell, bei der zweiten Gruppe wurde das Resultat eines ultrasensitiven Procalcitonin Assays bei der Wahl der Therapie beigezogen. Bei sehr tiefen Werten wurde von einer antibiotischen Therapie abgeraten, bei hohen Werten wurde die Gabe von Antibiotika empfohlen. Der Anteil der Patienten, die Antibiotika erhielten, war in der Procalcitoningruppe um 47% tiefer als in der Kontrollgruppe, während das klinische Resultat in beiden Gruppen vergleichbar war.

 

Das Resultat dieser Studie ist sehr wichtig, denn es zeigt einen Weg, wie der Einsatz von Antibiotika reduziert werden kann, ohne den Patienten einem zusätzliche Risiko auszusetzen. Auf diese Weise kann nicht nur der Selektionsdruck zur Förderung der Antibiotikaresistenz vermindert werden, auch potentielle Nebenwirkungen und Kosten können eingeschränkt werden.