Vogelgrippe: sind wir bereit?
Vor einem Jahr waren die Niederlande von einem Ausbruch der Vogelgrippe (Typ H7N7) betroffen und es kam zu Infektionsübertragungen auf mindestens 89 Menschen und zu einem Todesfall. Die Analyse dieses Ausbruchs im Lancet vom 21. Februar 2004 unterstreicht die Bedeutung einer konsequenten Überwachung und von sofortigen Kontrollmassnahmen, um das Entstehen einer neuen Grippe Pandemie zu vermeiden.
Für die Entstehung einer schweren Grippe-Pandemie müssen drei Voraussetzungen erfüllt sein:
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ein Virus muss die Menschen befallen, das neuartig aus sieht;
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es muss sich sehr effizient von Mensch zu Mensch verbreiten können und
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es muss ein hohes pathogenes Potential haben.
Diese Voraussetzungen waren 1918 besonders gut erfüllt. Auch in HongKong 1997 und jetzt wieder aktuell in Vietnam und Thailand konnten von Menschen neue, von Hühner stammende Grippeviren (H5N1) isoliert werden, die eine hohe Pathogenität besitzen (Letalität >60%). Zum Glück konnten sich diese Viren noch nicht soweit adaptieren, dass sie von Mensch zu Mensch übertragen werden. Wenn Menschen gleichzeitig von Vogel- und Menschenviren befallen werden, kann es zu einer Reassortierung kommen, die zu einer effizienteren Mensch zu Mensch-Übertragung führt. Das Risiko einer solchen Reassortierung ist erhöht, wenn in der Bevölkerung gleichzeitig humane Influenzaviren zirkulieren und steigt, je mehr Menschen vom Vogelvirus befallen sind.
In der Arbeit im Lancet wird der Ausbruch der Hühnergrippe H7N7 in Holland untersucht (wir berichteten darüber im Mai 03). Es waren 225 Hühnerfarmen befallen. 450 Personen, v.a. Farmangestellte beklagten gesundheitliche Beschwerden, darunter in 350 Fällen Konjunktivitis und 90 mit Grippe-ähnlichen Symptomen. Bei 89 Personen konnte das H7N7 Virus isoliert werden, meist von der Konjunktiva. Ein Veterinär starb an einer H7N7-Pneumonie. Er hatte abgelehnt, prophylaktisch einen Neuraminidase-Hemmer einzunehmen. In drei Fällen muss eine Mensch zu Mensch Übertragung angenommen werden.
Um den Ausbruch zu beenden und eine weitere Adaption auf den Mensche zu verhindern, wurden folgende Kontrollmassnahmen ergriffen: Die Bestände von allen betroffenen Hühnerfarmen wurden vernichtet (30 Millionen Tiere). Auf den Farmen wurden geeignete Schutzmassnahmen (Brille, Maske, Händedesinfektion) getroffen. Allen Farmangestellten und ihren Familien angehörigen wurde die Grippeimpfung empfohlen um eine Koinfektion mit Vogel- und Menschenviren zu verhindern. Allen Personen, die mit potentiell infizierten Hühnern Kontakt hatten, wurde Oseltamivir zur Prophylaxe empfohlen.
Der Artikel schildert aber auch die Schwierigkeiten, die sich beim Ausbruchsmanagement zeigten: Die ersten Entscheide mussten augrund einer vorerst noch dünnen Datenkenntnis getroffen werden. Entsprechend wurden die Massnahmen auch schrittweise veranlasst, was zur Folge hatte, dass vom ersten H7N7-Fall bei einem Menschen bis zur Wirksamkeit der vollen Schutzmassnahmen mehr als eine Woche verging und bis dahin über 1000 Personen exponiert waren. Das Gefahrenpotential für eine Pandemie wird v.a. dann deutlich, wenn man bedenkt, dass sich der Ausbruch während dem Höhepunkt der humanen Grippewelle ereignete.