Scharlach – bei Ausschlag Gefahr?

Scharlach gilt im allgemeinen als gefährliche Erkrankung. Die Erreger sind Streptokokken der Gruppe A, die verschiedenste, z.T. schwerste Erkrankungen beim Menschen hervorrufen können. Doch die Erreger findet man auch als scheinbar harmlose Schleimhautbewohner des Rachens…

Wie wird Scharlach übertragen?

Die Uebertragung der GAS (= Gruppe A Streptokokken) erfolgt durch kleine Tröpfchen von Mensch zu Mensch. Der Keim bewohnt Haut und Schleimhaut und ist der häufigste Erreger einer bakteriellen Pharyngitis. Selten findet sich Scharlach in der Folge tiefer Wundinfekte.

Wann kommt es zum Bild des Scharlach?

Die wenigsten GAS verursachen auch Scharlach. Um den charakteristischen Hautausschlag hervorzurufen, ist die Bildung sogenannter erythrogener oder pyrogener Toxine notwendig. Es gibt 3 verschiedene Toxine: A, B und C, wobei das Toxin C sehr milde Formen von Scharlach auslöst (Knoll et al, 1991). Doch selbst wenn toxinbildende GAS im Rachen nachweisbar sind, muss es nicht zur Erkrankung kommen.

Denn – wie bei allen Infektionskrankheiten – hängt das Krankheitsbild auch bei GAS-Infektionen vom Wirt ab. Genetische Faktoren bestimmen, ob der Erreger gefährlich wird oder als Schleimhautbewohner lediglich für seine eigene Verbreitung in der Bevölkerung sorgt. Welche Faktoren diese dramatischen Unterschiede verursachen, ist nicht restlos geklärt. Doch Menschen mit bestimmten Erbmerkmalen, z.B. den Leukocyten Antigen Klassen II (HLA) Haplotypen DRB1*1501 und DQB1*0602 sind empfänglicher für invasive Streptokokkeninfekte.

Das klinische Bild

 

Etwa zwei Tage nach Krankheitsbeginn kommt es bei Scharlach zu einer fleckigen diffusen Rötung, die meist an der Brust beginnt und sich dann auf Stamm, Hals und Extremitäten ausbreitet, insbesondere in Achsel- und Leistengegend.

Auch flohstichartige Hauteinblutungen kommen vor. Die Haut fühlt sich durch verschlossene Schweissdrüsen rau an, fast wie Sandpapier. Um den Mund herum ist die Haut blass. Die Zunge ist zuerst weiss belegt, wobei die Papillen herausschauen (weisse Erdbeerzunge).

 

 

 

 

Nach Abschilferung des Belags erscheint die Zunge rot (rote Erdbeerzunge). Der Hautausschlag blasst innerhalb einer Woche ab, danach kommt es zu einer ausgeprägten Abschälung der Haut.

 

 

Wer ist betroffen, und kann es jemanden auch zweimal treffen?

Betroffen von der Streptokokken-Pharyngitis sind vor allem Schulkinder  und besonders im Winter und Frühling kommt es regelmässig zu kleinen Ausbrüchen von Scharlach in Schulen. Scharlach wird zwar mehr gefürchtet als die Infektion des Rachens mit GAS ohne Toxinbildung, diese Einstellung ist jedoch nicht gerechtfertigt. Denn ob mit oder ohne Hautausschlag können die GAS zu Komplikationen wie rheumatischem Fieber und Glomerulonephritis führen.

Ursache des akuten rheumatischen Fiebers ist wohl ein sogenanntes molekulares Mimikri zwischen dem M-Protein, einem Oberflächenmarker der GAS, und den betroffenen Geweben wie z.B. Herzklappen. In den letzten Jahren zeigt sich allerdings eine deutliche Abnahme in der Inzidenz des rheumatischen Fiebers in Mitteleuropa, die nicht durch den vermehrten Einsatz von Antibiotika erklärt ist, sondern eher auf eine Verschiebung in Richtung anderer Bakterienstämme.

Da sich der Antikörperschutz gegen einen bestimmten Streptokokken-Typ und nicht gegen das Toxin richtet, kann ein Mensch auch mehrfach Scharlach durchmachen.

Wann ist es Scharlach?

Die Diagnose des Vollbildes Scharlach mit Ausschlag und Pharyngitis ist nicht schwer zu stellen. Wenn allerdings die GAS-Pharyngitis ohne Ausschlag verläuft, man also nicht von Scharlach spricht, wird die Sache schwieriger. Da eine Infektion mit GAS genau die gleichen Komplikationen wie Scharlach nach sich ziehen kann, sollte auch Streptokokken-Angina ohne Scharlach korrekt diagnostiziert werden. Eine sichere Unterscheidung von einer viralen Entzündung ist nicht möglich. Auch bei Nachweis von GAS im Rachenabstrich oder bei positivem Schnelltest (RADT) ist es immer noch möglich, dass es sich nur um eine harmlose Besiedelung des Rachens mit dem Keim handelt und andere Keime (meist Viren) für die Pharyngitis verantwortlich sind.

Eine Pharyngitis mit positivem Nachweis von GAS im Schnelltest ist somit noch keine zwingende Indikation für eine antibiotische Therapie. Wenn allerdings die passende Klinik und positiver Schnelltest bzw. Rachenabstrich zusammenkommen, so wird man eine antibiotische Therapie einleiten. Das rasche Resultat des Schnelltests wird allerdings mit einer etwas niedrigeren Sensitivität (80-90% vs. 90%) erkauft.

Behandlung

Ziel der Behandlung mit Antibiotika bei der GAS-Pharyngitis und Scharlach ist neben der Vermeidung von lokalen Komplikationen wie Abszessbildung, Mastoiditis, Sinusitis und Otitis media auch die Verhinderung des rheumatischen Fiebers sowie die Reduktion der Infektiosität. Man gibt 10 Tage Penicillin V, bei Kindern 2-3 mal 250 mg, bei Erwachsenen 2 mal 500 mg. Bei Penicillinallergie kann Erythromycin bzw. Azithromycin gegeben werden. Abgesehen von den höheren Kosten ist hier jedoch eine rasche Resistenzentwicklung der GAS zu beachten (s. hierzu auch Vortrag von Fr. Dr. K. Boggian). In der Regel können Kinder nach einem Tag antibiotischer Therapie wieder zur Schule gehen.