SARS-Update 24.06.2003 – SARS scheint besiegt! Ist SARS ausrottbar?
Seit einigen Tagen nehmen die neuen SARS-Verdachtsfälle weltweit ab. Heute wurden die letzten Reisebeschränkungsempfehlungen gegenüber China von der WHO aufgehoben – SARS scheint besiegt und der Ausbruch weltweit unter Kontrolle. Kann SARS jedoch ausgerottet werden?
Die Frage einer möglichen Eradikation von Sars war zentrales Thema einer von der WHO einberufenen Konferenz in Kuala Lumpur letzte Woche. Fazit der Expertentagung: Weiterhin ist eine erhöhte Aufmerksamkeit geboten, um einen erneuten Ausbruch rechtzeitig zu erkennen und international begegnen zu können.
Wie aus der folgenden Grafik ersichtlich ist, nehmen die SARS-Verdachtsfälle weltweit deutlich ab.
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Schon letzte Woche konnte Hongkong von der Liste der Regionen mit lokaler Übertragung gestrichen werden, nachdem während 20 tagen kein neuer SARS-Fall mehr aufgetreten war. Vor wenigen Tagen schloss China das Spital, welches innert kürzester Zeit zur Behandlung der SARS-Patienten aufgebaut worden war. Insgesamt waren 680 Patienten dort betreut worden. Das Spitalpersonal wird nach einer 17-tägigen Quarantäneperiode an ihre ursprünglichen Arbeitsplätze zurückkehren können. Heute wurden von der WHO zudem die Reisebeschränkungsempfehlungen betreffend China als letzte aufgehoben.
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Die SARS-Epidemie scheint somit weltweit unter Kontrolle zu sein. Doch kann das SARS-Coronavirus ausgerottet werden? Dies ist eine der wichtigsten Fragen. Um diese abschliessend zu beantworten, fehlen noch entscheidende Erkenntnisse. Die Erfahrungen, welche mit anderen Infektionserkrankungen gemacht wurden (z.B. Poliomyelitis), zeigen, dass zur Ausrottung drei Kriterien erfüllt sein müssen (vgl. WHO Update 86, 19.06.2003):
- eine Therapie(-strategie) oder Impfung muss verfügbar sein, durch welche die Übertragungskette unterbrochen werden kann;
- eine leicht zu handhabende Diagnostik mit einer ausreichenden Sensitivität und Spezifität muss überall verfügbar sein;
- der Mensch muss alleiniger Wirt des ursächlichen Erregers sein. Damit kann bei einem Unterbruch der Mensch-Mensch-Übertragungskette der Erreger nicht weiter überleben (die Existenz eines tierischen Erregerreservoirs kompliziert die Ausrottung, da in diesem Fall die Übertragungskette zwischen Tieren auch unterbrochen werden muss).
Nach der Eindämmung der Epidemie und der Verhinderung einer Pandemie stellen diese drei Punkte die WHO vor eine neue Herausforderung.
- Eine wirksame Therapie oder eine Impfung sind noch nicht vorhanden – obwohl auch in Zukunft gerade an letzterer gearbeitet werden wird und neue Therapieansätze viel versprechend erscheinen (vgl. „Bärendreck-Schlecken als Mittel gegen SARS„).
- Wie im BMJ (Rainer et al. BMJ 2003;326:1354-1358) schon angesprochen, müssen die unspezifischen klinischen diagnostischen Kriterien verfeinert werden, um im Hinblick auf die kommende Grippesaison zu vermeiden, dass das Gesundheitssystem mit „falsch positiven“ Patienten überschwemmt wird. Zudem ist die Entwicklung eines einfachen, weltweit verfügbaren Labortests zur Ergänzung der klinischen Diagnostik vorrangig (vgl. WHO Update 85, 20.06.2003). Der letzte Punkt stellt die grösste Herausforderung dar, da bezüglich der Herkunft des SARS-Coronavirus nur spekuliert werden kann und es daher noch unbekannt ist, ob ein tierisches Reservoir vorhanden ist. Es wird sich daher erst in Jahren zeigen, ob SARS ausgerottet werden kann.
Die Gefahr, welche von SARS ausgeht, bleibt latent weiterhin bestehen. Denn wie mathematische Modelle gezeigt haben, scheint das SRAS-Coronavirus das Potential zu haben, eine Pandemie mit einer hohen Letalität zu verursachen (Dye C, Gay N. Science 2003;300:1884-5. Epub scienceexpress 23.05.2003). Dasselbe Modell zeigte jedoch auch, dass die archaisch anmutenden Vorkehrungen (Isolation, Reiseeinschränkungen etc.) die globale SARS-Ausbreitung dieses Mal verhindert haben!
Exemplarisch führt uns Sars vor, wie bedeutsam die enge internationale Zusammenarbeit für das Wohl des Menschen ist.