Diagnostik und Therapie von Fettstoffwechselstörungen unter HAART

Hypertriglyceridämien betreffen in Deutschland ca. 15% der Bevölkerung mit einem Gesamtcholesterin von über 4,5mmol/l. Bei HIV-Patienten liegt der Anteil bei über 60%. Das Gesamtcholesterin ist unterteilbar in VLDL. LDL und HDL. Von ihnen enthält VLDL mit 50% den höchsten Anteil an Triglyceriden.

Studien haben gezeigt, dass es unter HAART bei ursprünglich normwertigen Fetten nur zu einem mässigen Anstieg der Triglyceriden kommt, während diese bei bereits vorbestehender Hypercholesterinämie deutlich ansteigen. Prognostische Faktoren sind:· vorbestehende Hypercholesterinämie, · Dauer der HAART-Therapie, · Ernährung und Lebensstil. In Metaanalysen zeigt sich unter HAART keine Zunahme der kardiovaskulären Ereignisse. In zwei Studien konnte jetzt nachgewiesen werden, dass die Höhe der Triglyceride keinen Einfluss auf das Artherioskleroserisiko hat, wohl aber die Zusammensetzung der Lipoproteine. Grosse Partikel, wie sie bei der familiären Hypertriglyceridämie und auch bei HIV positiven auftreten sind nicht artherogen. Kleine, dichtere VLDL-remnants wie bei der familiären Dysbetalipoproteinämie stellen jedoch ein grösseres kardiovaskuläres Risiko dar.Weitere Komplikationen sind vor allem das Chylomikronämiesyndrom (ab Werten über 1000 mg/dl) sowie Pankreatitiden, Kapselspannungsschmerz der Leber und Milz sowie Störung der Mikrozirkulation im Dünndarm. Prof. Richter schlägt folgendes Procedere vor:1. Kontrollbestimmung der Triglyceride nüchtern 2. Ausschluss einer familiären Hypertriglyceridämie3. Steigerung der körperlichen Aktivität4. Nikotinstopp (Nikotin hemmt die Lipoproteinlipase)5. Alkoholkarenz6. Reduktion einfacher Kohlenhydrate 7. Reduktion gesättigter FettsäurenKonservativer Versuch über ca. 6 Monate. Die medikamentöse Therapie sollte bei Werten über 4,5mmol/l bzw. über 1,7mmol/l bei Vorliegen weiterer kardiovaskulären Risikofaktoren begonnen werden:8. Fibrate Sehr wichtig ist zu bedenken, dass bei einer 12stündigen Alkoholkarenz oder auch bei Therapiebeginn VLDL vermehrt in LDL abgebaut wird. Der hohe LDL-Spiegel hält aufgrund einer Halbwertszeit von 3-5 Tagen länger an. Der Arzt sollte daraus nicht den Schluss ziehen, dass eine Hypercholesterinämie vorliegt und mit einem CSE-Hemmer therapieren. Trinken die Patienten unter einer Therapie weiter Alkohol, besteht ebenfalls die Gefahr eines Hyper-LDL-Syndroms, wodurch das kardiovaskuläre Risiko noch höher ist als zuvor ohne Therapie.Zusammenfassend gibt es drei take-home-messages:1. Die Triglyceridwerte zeigen extreme Tagesschwankungen. Prognostische Aussagen nur mit Nüchternwerten!2. Das Non plus ultra der Therapie sind: körperliche Aktivität, Alkoholreduktion und Nikotinstopp. Die medikamentöse Therapie läuft sonst ins Leere.3. Der Abbruch eines regelmässigen Alkoholkonsums führt über mehrere Tage zu deutlich erhöhten LDL-Cholesterin. Also: abwarten und Kontrolle nach zwei Wochen.Für mich speziell interessant war zu erfahren, dass ein sehr niedriges LDL unter 1.0 mmol/l eine erhöhte Infektionsanfälligkeit verursachen kann. Vor der Antibiotika-Ära wurde deshalb ein Auftreten rez. Infekte versuchsweise mit Cholesterin behandelt.