„Toll-like receptors“ – Schlüsselmoleküle bei der Erkennung von Pathogenen

Toll-like receptors (TLRs) sind Rezeptormoleküle der Zellen des angeborenen Immunsystems, die es diesem ermöglichen Infektionen durch verschiedenste Pathogene schnell zu erkennen und diese zu bekämpfen. Ein neu entdeckter TLR, der beim Menschen nur in einer inaktiven Form vorkommt, scheint möglicherweise eine Schlüsselrolle bei der Abwehr bakterieller Infekte von Blase und Nieren zu spielen.

Bei der Abwehr von Infektionen während der ersten Tage ist unser Organismus von dem – evolutionär gesehen relativ alten – angeborenen Immunsystem abhängig. Nach einer Verzögerung von 4 bis 7 Tagen kommt dann die adaptive Immunantwort zum Tragen, die durch B- und T-Lymphozyten vermittelt wird, die sich klonal vermehren und zu Spezifität und immunologischem Gedächtnis der Immunantwort beitragen.

Das angeborene Immunsystem hat die Aufgabe eine Infektion während der ersten Tage unter Kontrolle zu bringen. Die Erkennung der Infektionserreger erfolgt dabei durch die Bindung von wirtseigenen zellulären Rezeptoren an konservierte molekulare Oberflächenstrukturen der Pathogene, den „pathogen-associated molecular patterns“ (PAMPS). Die Rezeptoren – als „pattern recognition receptors“ bezeichnet – werden sowohl auf der Oberfläche als auch in intrazellulären Kompartimenten von Zellen des angeborenen Immunsystems exprimiert. Die Familie der „Toll-like receptors“ (TLRs) nimmt innerhalb der Gruppe der „pattern recognition receptor“-Familien eine wichtige Stellung ein.

TLRs sind evolutionsgeschichtlich gesehen hochkonservierte Proteine. Die extrazellulären wie auch intrazellulären Anteile („Domains“) der TLRs enthalten Leucin-reiche Wiederholungssequenzen, die sowohl an der Erkennung des Liganden als auch bei der nachfolgenden Signaltransduktion ins Zellinnere beteiligt sind. Die Bindung des Liganden führt über alternative Signaltransduktionswege letztlich durch die Aktivierung des universellen Transkriptionsfaktors NF-kB zur Expression verschiedener proinflammatorischer Mediatoren und damit zur Einleitung der Infektabwehr. Ein einzelner Erreger kann verschiedene TLRs gleichzeitig aktivieren. So sind Pneumokokken in der Lage verschiedene TLRs durch Interaktion mit unterschiedlichen bakteriellen Komponenten (Pneumolysin, Peptidoglycan, Lipoteichonsäuren, CpG-DNA Motive) simultan und koordiniert zu aktivieren.

Interessanterweise sinkt der Expressionslevel der TLRs mit zunehmendem Alter des Wirtorganiskus ab. Dies könnte eine Erklärung für die erhöhte Infektionsanfälligkeit älterer Menschen sein. Man kennt inzwischen ein ganzes Arsenal von TLRs (TLR 1-10), die in der Lage sind mit verschiedensten Komponenten von Pathogenen spezifisch zu interagieren (vgl nebenstehende Abb. aus O’Neill, Science 303, 1481 (2004)). Sowohl die Oberflächenbestandteile diverser Bakterien und Viren (z.B. bakterielle Lipoproteine und Flagellenbestandteile, Hämagglutinin von Masernvirus) als auch deren Genombestandteile in Form von DNA oder RNA scheinen dabei geeignete Bindungspartner für die extrazellulären Domänen der TLRs zu sein.

In der Ausgabe von Science vom 5.März 2004 befassen sich gleich drei Artikel mit den TLRs. Von besonderem Interesse ist dabei die Arbeit der Gruppe von Zhang et al., die ein neues Mitglied TLR11 in der Familie der TLRs entdeckt haben. Die Resultate sprechen dafür, dass das TLR11 von Mäusen in der Lage ist uropathogene Varianten von E.coli spezifisch zu erkennen und dass durch die anschliessende Signalvermittlung ins Zellinnere eine schützende inflammatorische Antwort induziert wird. Die entscheidende Frage ist jedoch, ob dieser Mechanismus evtl. auch im menschlichen Organismus in ähnlicher Weise wirksam ist. Diesbezüglich müssen uns die Autoren vorerst leider enttäuschen. Das gefundene humane TLR11 existiert nur in einer verkürzten und daher wahrscheinlich inaktiven Form. Die Autoren spekulieren, dass das Fehlen eines funktionellen TLR11 den Menschen möglicherweise anfällig für Harnwegsinfektionen machten könnte. Es bleibt jedoch noch offen ob es sich beim der verkürzten humanen Variante von TLR11 um einen genetischen Polymorphismus handelt, der nur eine Subpopulation der Menschen betrifft, oder ob im menschlichen Organismus überhaupt kein funktionelles TLR11 exprimiert werden kann.