Harnwegsinfekt- Schmerzmittel statt Antibiotikum

Blasenentzündungen bei jungen Frauen sind häufig und werden sehr oft mit einem Antibiotikum behandelt. Antibiotika sind jedoch nicht nebenwirkungsfrei. Nebst der Veränderung des eigenen Mikrobioms erhöhen sie insgesamt auch das Risiko einer Resistenzentwicklung.

Geht es auch ohne Antibiotikum?
Natürlich muss man sich die Frage stellen, ob und bei welchen Fällen eine Behandlung nicht auch ohne Antibiotika möglich wäre. Eine schon vor einiger Zeit an einem Kongress vorgestellte Schweizer Studie wurde diesen Monat nun im BMJ publiziert. In dieser Studie wurde untersucht, ob man eine Antibiotische Therapie nicht durch eine einfache Schmerztherapie hinauszögern, respektive vermeiden könnte.

Randomisierte, kontrollierte Studie
In dieser Studie wurden 253 Frauen mit einer akuten Blasenentzündung entweder gleich mit einem Antibiotikum behandelt, oder man verabreichte ein Schmerzmittel (Diclofenac) und beobachtete den Verlauf der Besdchwerden und inwieweit sich im Verlauf die Verabreichung eines Antibiotikums vermeiden lassen. Die Frauen wurden per Zufall in die eine oder andere Gruppe eingeteilt (randomisiert).

Ziel: Symptomfreiheit mit oder ohne Antibiotika
Ziel der Behandlung war in dieser Studie die Beschwerdefreiheit. In den beiden Gruppen wurde gemessen, wie lange es dauerte, bis die Beschwerdefreiheit eingetregen war. Ein weiters Ziel war natürlich die Verhinderung des Antibiotika-Einsatzes.

Tatsächlich zeigte sich ein gegensätzlicher Trend der beiden Endpunkte: Die Schmerzfreiheit an Tag 3 war signifikant häufiger in der Antibiotika Gruppe. Die Hälfte der Patientinnen unter Antibiotika waren beschwerdefrei nach 2 Tagen, verglichen mit 4 Tagen in der Diclofenac (Schmerzmittel-Gruppe). Die untenstehende Abbildung (links) zeigt den etwas rascheren Heilungsverlauf unter Antibiotika.

Der Nutzen des etwas längeren „Durchhaltens“ bei den Frauen unter Diclofenac war die Senkung des Antibiotika-Einsatzes. Gut 40% der Frauen konnten auf Antibiotika verzichten (Abbildung rechts).

Kommentar
Die Arbeit zeigt, dass es sich für Frauen mit Blasenentzündung durchaus lohnen kann, zunächst einmal mit dem Einsatz on Antibiotika zuzuwarten. Die Studie zeigt aber auch, dass ein Teil der Betroffenen durchaus auch von den Antibiotika profizieren kann. In der Diclofenac-Gruppe gab es in der Folge (nach rund 5-6 Tagen) dann immerhin noch 6 Fälle von Nierenbeckenentzündungen (Pyelonephritis) gegenüber keinem Fall inder Antibiotika Gruppe. Die Patienten, welche eine Pyelonephritis entwickelten hatten schwerere Symptoma zu Behandlungsbeginn und auch am Tag 3.
Sicher ist die Einsparung von Antibiotika ein Nutzen zur Verhinderung weiterer Resistenzbildungen. Die Quintessenz aus dieser Studie ist, dass man zu Beginn einer Behandlung wohl noch gut auf eine Antibiotika-Gabe verzichten kann, doch dass bei anhaltenden Symptomen am Tag drei bis vier die Umstellung auf ein Antibiotikum grosszüger angegangen werden kann. Dies Erinnert an die Situation der Mittelohrentzündung bei Kleinkindern. Auch dort wird heute empfohlen, nicht gleich sofort mit Antibiotika zu starten, sondern die spontanentwicklung der ersten 3 Tage abzuwarten.

Die ideale Empfehlung für den Einsatz von Antibiotika bei Zystitis muss wohl noch weiter entwickelt werden und zusätzliche Begleitmassnahmen sollten auch noch evaluiert werden.