9. April 2016

Klinische Epidemiologie von MDR-Enterobakteriaceae

MDR – Kommt eine Krise auf uns zu?
Am ersten Kongresstag wurde in einer spannenden Session die Problematik der sich ausbreitenden Infektionen mit Multi-Drug-resistenten Enterobacteriacae von verschiedenen Seiten beleuchtet. Enterobakteriaceae sind Gram-neg. Bakterien, die sich in grosser Zahl in unserem Darm aufhalten, aber auch bei Harnwegs- und Abdominlaifnektionen eine wichtige Rolle spielen. Die in den letzten Jahren zunehmend beobachteten Resistenzmutationen beunruhigen uns sehr.

ESBL bei Reiserückkehrern
Die erste Präsentation kam aus Holland von Maris Arcilla (Abstract #2881) über Reiserückkehrer und deren Besiedlung mit ESBL-produzierenden Enterobacteriae sowie die Übertragung auf Haushaltmitglieder. Die COMBAT-Studie ist eine grosse multizentrische Studie mit 2000 Reiserückkehrern und 215 Haushaltmitglieder. Fragebögen und Stuhlproben wurden vor nach der Reise und nach 1,3,6 und 12 Monaten abgenommen. Gut ein Drittel (34%) kam nach der Reise mit einem neu erworbenen ESBL-produzierenden Keim zurück (859). In den allermeisten Fällen fand sich ein E.Coli (759), seltener Klebsiellen (67) und andere Species (33). Das Risiko, einen resistenten Keim zu erwerben war abhängig vom Reiseort (am häufigsten von Süd-und Zentralasien). Die Einnahme von Antibiotika während der Reise erhöhte das Risiko, aber auch das Auftreten von Reisediarrhö, Verpflegung aus Essenständen sowie das Vorliegen einer chronisch entzündlichen Darmerkrankung. Im Mittel blieben die Reiseenden 100Tagen besiedelt und die Wahrscheinlichkeit den ESBL-bildenden Keim auf ein Haushaltsmitglied zu übertragen lag bei 12%.

Wie kommt es zur Kolonisation des Reisenden während der Reise
Eine andere auch aus Holland stammende Präsentation von Christian von Wintersdorff (Abstract #6279) ging der Frage nach wann sich die Reisenden infizierten/besiedelt wurden. Leider ist das Kollektiv sehr klein (sieben Reisende) die vor und nach der Reise Stuhlanalysen abgaben und während der Reise Rektalabstriche und Händeabstriche durchführten. Immerhin interessant: Die früheste Besiedlung fand am ersten Reisetag statt, der Mittelwert lag bei 5 Tagen.

Wie verbreitet sind Resistenzkeime schon in Europa
Dann gab es zwei spannende Präsentationen: Gerrita van den Bunt (Abstract #3357) aus Holland und Cliodna McNulty (Abstract #3733) aus England berichteten über die Prävalenz von ESBL-bildenden Keimen in ihren Populationen. Es sind beides populationsbasierte Studien. Die Holländer haben eine Besiedlung ihrer Bevölkerung von 3.2% gefunden (1660 fecal sampels). Nach einem Monaten erfolgten bei 31 der vorher positiv gescreenten nochmals ein Stuhlsampling, 41% waren nun negativ.

Die Engländer haben einerseits eine crossectional Analyse (2100 Rektalabstriche) durchgeführt, gefolgt von einer Langzeituntersuchunge einer Subgruppe und spannenderweise an vier verschiedenen Orten mit unterschiedlicher Bevölkerungsdurchmischung. Insgesamt fanden sie eine Besiedlung bei 7.3% mit grossen lokalen Unterschieden (4.9-16%). Das Geburtsland war der grösse Prädiktor für eine Besiedlung. In England geborene waren signifikant weniger häufig besiedelt als Patienten welche im Ausland (vor allem Indien, Sri-Lanka, Pakistan und Bangladesh) geboren waren. Als weitere Risikofaktoren galten Reisen ins Ausland (vor allem wenn da Antibiotika eingenommen wurde oder sogar eine Hospitalisation erfolgte). Alter, Geschlecht, Kontakt mit dem Gesundheitssystem (Hospitalisation, Arztbesuch, Arbeit), Halten von Haustieren waren keine Risikofaktoren. 44% blieben positiv im Verlauf der Beobachtungsphase (bis 10 Monate)

Vorsicht Säureblocker: Zunahme von Resistenzkeimen
Dann noch eine kurze Präsentation von Pepijn Huizinga (Abstract #4376) über Behandlung mit PPI und Risiko einer Besiedlung mit ESBL-Bildenden Keime. Um es kurz zusammenzufassen. PPI sind ein unabhängiger Riskiofaktor und erhöhen laut der Studie aus Holland das Risiko mit einer OR von 3.2.

(Beitragstext von Domenica Flury)