29. April 2016

Intensivierte Therapie bei tuberkulöser Meningitis? Ja oder nein?

Die tuberkulöse Meningitis ist eine bedrohliche Erkrankung mit hoher Letalität. Entsprechend der niedrigen Inzidenz für Tuberkulose in den Industrieländern ist die tuberkulöse Meningitis bei uns selten. Dennoch haben wir immer wieder Einzelfälle mit tuberkulöser Meningitis, und jedes Mal stellt sich uns die Frage: Braucht es eine intensivierte Therapie?

Braucht es eine Viererkombination?
Der frühe Beginn mit einer antituberkulösen Therapie und die Zugabe von Steroiden hat die Mortalität und die Morbidität der cerebralen Tuberkulose in den letzten Jahren deutlich gesenkt. Die offiziellen Empfehlungen stützen sich auf die Empfehlung der Lungen-TBC und es soll Initial eine zweimonatige 4-erKombination gegeben werden. Während Isoniazid, Rifampicin und Pyrazinamid genügend liquorgängig sind, ist die Liquor-Penetration von Ethambutol oder Streptomycin, welche häufig als viertes Medikament eingesetzt werden, ungenügend. Deshalb haben Fluorochinolone als 4. Substanz Einzug erhalten in Empfehlungen zur Therapie der tuberkulösen Meningitis.

Bisher wenig Evidenz für 4-er-Therapie
Allerdings fehlen randomisiert kontrollierte Studien, welche die Ergänzung mit Chinolonen unterstützen. Nun wurde im New England Journal of Medicine (NEJM) eine prospektive, randomisierte, plazebokontrollierte und doppelblinde Studie aus Vietnam publiziert, die sich genau mit dieser Fragestellung befasst: Verbessert sich das Outcome der cerebralen tuberkulösen Meningitis durch eine höhere Rifampicin Dosis und Zugabe eines Fluorochinolons?

Intensivierte Therapie…
Verglichen wurde die Standarttherapie mit einer  intensivierten Therapie. Die Standardtherapie bestand aus einer dreimonatigen Induktion mit Isaoniazid, Rifampicin(10mg/kgKG/d), Ethambutol und Pyrazinamid gefolgt von einer Erhaltungstherapie mit Rifampicin und Isoniazid für weitere 6 Monate. Die intensivierte Therapie bestand aus

  • derselben Standardtherapie,
  • erhöhter Rifampicindosis  (15mg/kgKG/d), und
  • zusätzlich Levofloxacin (20mg/kgKG/d) für die ersten 2 Monate.

Alle Patienten erhielten in der Studie noch Dexamethason während den ersten 6-8 Wochen.

…enttäuscht längerfristig
Erstaunlicherweise schnitt die intensivierte Therapie in dieser Studie nicht nicht besser ab als die Standardtherapie, die Überlebensrate war vergleichbar in den beiden Gruppen (s. Abb.). Und die Nebenwirkungsrate war in der intensivierten Therapiegruppe deutlich höher. Das Resultat ist ernüchternd, und wohl so nicht erwartet worden!

Intensified

Diese Resultate können somit frühere kleinere Arbeiten nicht bestätigen (Ruslami et al; Lancet Inf Dis 2013 und Thwaites et al; AAC 2011). Auch die Empfehlung der höheren Rifambicin-Dosis bei Kindern konnte hier nicht bestätigt werden (Van Toom et al; Ped Inf Dis J 2014).

Und so stehen wir zum Schluss wieder mit der Frage da: Sollen wir Fluorochinolone hinzugeben bei cerebraler, tuberkulöser Meningitis, ja oder nein? Letztendlich muss dies wohl bei jedem Fall neu diskutiert werden, denn wenn eine hohe Wahrscheinlichkeit an INH Resistenz vorliegt, dann ist eine Zugabe von Fluorochinolonen empirisch sicher indiziert, denn die Resistenzprüfung kommt hierfür meist zu spät!