13. März 2015

Prevenar 13 – Impfung gegen Lungenentzündung

Pneumokokken verursachen zahlreiche schwere Infektionen vor allem der Luftwege. Weil sehr viele unterscheidliche Serotypen existieren, kann eine Impfung nicht alle Infektionen verhindern. die Tendenz geht in Richtung immer höher-valenter Impfstoffe. Bisher 7, jetzt 13…

Erste Erfahrungen mit 7 Serotypen
Nach der Einführung der 7-valenten Pneumokokken-Impfung (im Jahr 2000 in den USA, 2005 in der Schweiz) gab es exzellente Nachrichten: Nicht nur bei den geimpften Kindern sondern auch bei nicht geimpften Altersgruppen fiel die Zahl von invasiven Pneumokokkenerkrankungen dramatisch („Herdenschutz“). Grund zur Sorge waren aber Berichte über eine Verschiebung der Pneumokokken-Serotypen (Serotype-Replacement).

Breitere Abdeckung durch mehr Serotypen
Die Entwicklung eines 13-valenten Impfstoffs (Prevenar 13®, PCV13) sollte dem „serotype-replacement“ entgegenwirken. Soeben wurden erstmals Resultate aus einer grösseren Surveillance-Studie publiziert, welche den Effekt der Ausweitung der Impfwirkung auf zusätzliche Serotypen untersuchte. Dabei interessierte einerseits die Frage, ob ein zusätzlicher „Herdenschutz“ entsteht und inwieweit es zu einem weiteren Replacement-Phänomen kommt.

Multizentrische Studie in den USA
In 10 verschiedenen Surveillance Zentren der USA, die zusammen ca. 30 Millionen Menschen einschliessen, hat das CDC innert 10 Jahren (2004-2013) über 30’000 invasive Pneumokokkeninfektionen (IPE) aktiv überwacht. Unter IPE versteht man Erkrankungen, bei denen Pneumokokken in sonst sterilen Flüssigkeiten oder Geweben nachgewiesen wurden. Der neue 13-valente Pneumokokken-Impfstoff (PCV13) wurde in den USA 2010 eingeführt.

Neue Impfung wirkt
In den Jahren vor Einführung von PCV13 nahm die Häufigkeit von IPE mit Serotypen zu, welche nicht in PCV7 aber in PCV13 enthalten sind. Doch seit Einführung der PCV13 fand sich eine Abnahme der Infektionen mit den neue eingeführten Impftypen. Bei den geimpften Altersgruppen unter 5 Jahren fand sich ein Abfall der IPE um 64%. Infektionen mit den neu im Imfpstoff enthaltenen Serotypen nahmen sogar um 93% ab.

Profitieren auch Ungeimpfte?
Innerhalb von 2 Jahren kam es auch in allen anderen Altersgruppen zu einer entsprechenden Abnahme von allen IPE und von IPE mit den „neu geimpftenMoore_2015_prevenarTab“ Serotypen. Der Effekt trat zuerst bei den 5-17 Jährigen auf und war in dieser Altersgruppe auch am grössten (- 53% und  -75%). Mit zunehmendem Alter war der indirekte Schutz immer geringer, bei den über 65 Jährigen betrug er noch 12% (knapp nicht mehr signifikant) für alle IPE und 58% für die IPE durch die neuen (PCV13-7) Serotypen.

Serotypen-Replacement? – bisher nicht
Der grösste Einfluss der Impfung fand sich bei den Serotypen 19A und 7F. Bisher fand sich noch kein Serotypen-Replacement (weder bei den Geimpften noch bei den Nicht- Geimpften). Einzig bei der Altersgruppe zwischen 50 und 64 Jahre stieg der Anteil an anderen Serotypen, aber auch hier war insgesamt die Zahl der IPE abnehmend.

Antibiotika-Resistenz – Günstige Entwicklung
Wir wissen, dass die Entwicklung von Antibiotikaresistenzen grundsätzlich mit dem Einsatz von Antibiotika zusammenhängt. Tatsächlich fand sich in dieser Studie auch ein deutlicher Abfall der Antibiotika-Resistenzen in allen Altersgruppen (78-96% bei Geimpften, 50-69% bei Nicht-Geimpften). Diese Entwicklung ist besonders erfreulich, denn von der Impfung wird allgemein erwartet, dass sie uns helfen soll, das weltweit drohende Problem der Multiresistenzen zu reduzieren.

In blanken Zahlen – Nutzen imposant!
Insgesamt konnten in den ersten 3 Jahren nach Einführung von PCV13 ca. 10’000 IPE bei Kindern und 20’000 IPE bei Erwachsenen sowie ca. 3’000 Todesfälle durch IPE verhindert werden (verglichen mit einer Fortführung von PCV7). Diese Daten zeigen eindrucksvoll den Erfolg der Pneumokokkenimpfung im Kindesalter sowohl für Kinder als auch für Erwachsene.

Und wie weiter – Zauberformel Herdenimmunität?
Zwar wurde dieser Impfstoff Ende 2011 auch für Erwachsene in den USA zugelassen, aber erst im Oktober 2012 (zunächst nur für immunsupprimierte Patienten und ab September 2014 auch für ältere Personen) empfohlen. Daher beruht der gesamte Benefit für die Erwachsenen ausschliesslich auf einem indirekten Effekt durch die Impfung bei Kindern. Kleiner Wehrmutstropfen: Dieser Effekt war leider bei den ältesten Erwachsenen am geringsten. Dies ist nicht überraschend, das Phänomen ist von der Grippeimpfung gut bekannt: Ältere Menschen sind vermehrt gefährdet aufgrund des geschwächeren Immunsystems. Doch derselbe Grund erklärt auch ihr schlechteres Ansprechen auf die Impfung. Die Herausforderung ist nun, für gerade diese Personen eine noch wirksamere Strategie zu entwickeln. Denn wenn junge Menschen seltener erkranken, werden auch die Senioren seltener angesteckt.