Bilharziose in Europa

Die Bilharziose oder Schistosomiasis kam in Europa seit den sechziger Jahren nicht mehr vor. Seit 2011 jedoch wurden Fälle von Bilharziose durch den Pärchenegel Schistosoma haematobium bei Personen diagnostiziert, die in Korsika im Fluss Cavu/Cavo im Südosten der Insel nahe der Stadt Porto Vecchio gebadet hatten.

Fallbeschrieb

In Deutschland wurde kürzlich der Fall eines 12-jährigen Knaben beschrieben, der an einer Bilharziose erkrankte, fünf Monate nachdem er in Flüssen im Südosten Korsikas gebadet hatte. Bei seinem Vater wurde die Ausscheidung von nicht lebenden Schistosoma haematobium-Eiern im Urin festgestellt. Die Serologie der drei Geschwister sowie des Vaters war positiv, bei der Mutter allerdings negativ. Der einzige Fluss, in dem sie im Gegensatz zur restlichen Familie nicht gebadet hatte, war der Fluss Cavu/Cavo.

Die Schistosomiasis

Die Schistosomiasis ist in vielen tropischen und subtropischen Ländern endemisch. Schistosoma haematobium, eine der sechs Schistosoma-Species, verursacht eine Schistosomiasis im Harntrakt und ist endemisch in Süssgewässern in Afrika und der arabischen Halbinsel. Der Mensch ist der Hauptwirt dieses Wurmes, der Zwischenwirt ist die Süsswasserschnecke Bulinus truncatus, welche auch in Gebieten Europas endemisch vorkommt. Dieselbe Schnecke ist in Südeuropa inkl. Korsika der Zwischenwirt von Schistosoma bovis, einer zoonotischen Zerkarienspecies, die beim Fehlwirt Mensch eine harmlose Zerkariendermatitis verursacht. Die Schnecken sind kaum temperatur-empfindlich. Die Zerkarienvermehrung in den Schnecken wird durch höhere Temperaturen jedoch begünstigt (10-30°C) und die Zerkarien selber sind trotz klarstem Wasser nicht sichtbar. Der Grund für das Auftreten der Bilharziose in Südkorsika bleibt unklar. Es fehlen zudem Studien, welche die Biologie der Vektorschnecken und das Vorkommen der Parasiten in den Vektorschnecken in Korsika bestätigen.

Lebenszyklus der Schistosomen, CDC

Wie in dem Fallbeschrieb kann die Schistosomiasis entsprechende Beschwerden mit blutigem Urin verursachen oder auch ohne Symptome verlaufen. Allfällige Beschwerden treten teilweise erst nach Monaten auf. Die Diagnose erfolgt durch Antikörpernachweis im Serum oder Nachweis von Parasiteneiern im Urin. Die Behandlung ist grundsätzlich einfach und erfolgt mit Praziquantel gewichtsadaptiert in ein bis zwei Dosen. Das Mittel muss allerdings aus dem Ausland bezogen werden.

Konklusion

Auch bei Reiserückkehrern ohne Tropenaufenthalt muss selten an eine Tropenkrankheit gedacht werden. Gerade weil diese Erkrankung oft auch keine oder nur geringe Beschwerden macht, muss von einer wesentlich höheren Dunkelziffer in Europa ausgegangen werden. Da auch eine unbemerkte Bilharziose über Jahre mit schweren Spätfolgen assoziiert sein kann (z.B. Blasenkrebs), sollten Personen, die in Südkorsika reisen und in den Sommermonaten im Fluss Cavu/Cavo baden, daraufhin untersucht werden.