Empirische Kombinationstherapie sinnvoll bei ambulant erworbener Pneumonie?

Pneumonien sind unter den häufigsten zur Hospitalisation führenden Infektionskrankheiten, allerdings ist die empirische antibiotische Therapie nicht unumstritten.

Anerkannt ist, dass eine empirische antibiotische Therapie für ambulant erworbene Pneumonien die relevanten typischen bakteriellen Erreger einschliessen soll, wobei hier insbesondere die adäquate Behandlung der Pneumokokken als häufigstem Pneumonieerreger wichtig ist. Eine sehr gute Behandlung dieser typischen Pneumonieerreger kann beispielsweise durch Amoxicilin/Clavulansäure oder Drittgenerations-Cephalosporine erzielt werden.Ob und in welchen Situationen atypische Erreger (insbesondere Legionellen, Mykoplasmen und Chlamydien) bereits initial bei der ambulant-erworbenen Pneumonie empirisch behandelt werden sollen, wird in verschiedenen Guidelines uneinheitlich empfohlen.

Abgewogen werden muss der höhere antibiotische Selektionsdruck, der zu vermehrten  Resistenzen führt (makrolidresistente Pneumokokken sind in einigen Ländern schon ein grosses Problem) und auch Nebenwirkungen der Makrolidtherapie (Interaktionspotential, möglicherweise kardiovaskuläre Ereignisse) gegen einen potentiellen Benefit, den man sich durch initiale Kombinationstherapie erhofft. Makrolide haben ebenfalls einen immunmodulatorischen Effekt und supprimieren die Toxinproduktion von Pneumokokken.

Die Studie

Nun wurde im JAMA internal medicine eine randomisierte open-label Studie publiziert in der die Arbeitsgruppe um N. Garin untersucht hat, ob eine initiale empirische Monotherapie mit einem Betalaktam bei ambulant erworbener Pneumonie im Outcome im Vergleich mit einer empirischen Kombinationstherapie mit Clarithromycin und Betalaktam nicht unterlegen ist.

Hierfür wurden 580 immunkompetente Patienten in 6 Schweizer Spitälern mit hospitalisationsbedürftiger ambulant erworbener Pneumonie in Monotherapie mit einem Betalaktam und Kombinationstherapie Betalaktam/Makrolid randomisiert, wobei das am meisten verwendete Betalaktam Amoxicillin/Clavulansäure (alternativ Cefuroxime) und das verwendete Makrolid Clarithromycin war.
Bei allen Patienten wurde der Schweregrad der Pneumonie mittels des Pneumonia Severity Index (PSI) und CURB-65 ermittelt, wobei Patienten mit sehr hohem PSI von 5 nicht eingeschlossen worden sind. Ca. 2/3 der eingeschlossenen Patienten hatten einen PSI von 3 oder 4, ca. die Hälfte einen CURB 65≥2 Punkte
Bei allen Patienten wurde das Legionellenantigen im Urin gesucht und falls positiv, wurde bei Monotherapie noch ein Makrolid ergänzt, was allerdings im Median erst knapp zwei Tage nach Therapiebeginn erfolgt ist (47h).
Als primärer Endunkt wurde der Anteil der Patienten gewählt, die am siebten Tag nach Therapiebeginn noch nicht klinisch stabil waren (24h Normalisierung von Atemfrequenz, Blutdruck, Puls, Fieber, Sauerstoff-Sättigung).

41% der Patienten in der Monotherapiegruppe bzw. 34% der Patienten aus der Kombinationstherapiegruppe hatten am siebten Tag nach Therapiebeginn die Kriterien für klinische Stabilität noch nicht erreicht. Dieser Unterschied war zwar knapp nicht signifikant (p=0.07), allerdings konnte das vordefinierte Kriterium für Nichtunterlegenheit der Monotherapie ebenfalls nicht gezeigt werden.

Bei Analyse der Subgruppe mit nachgewiesenem atypischen Pneumonieerreger  (insgesamt aber nur 31 Patienten) zeigte sich erwartungsgemäss ein signifikant besseres Outcome für die Kombinationstherapie. Ebenfalls war ein Trend für besseres Outcome unter Kombinationstherapie bei den Patienten mit schwerer Pneumonie (PSI IV).

Kommentar

Diese Studie unterstützt eine empirische Kombinationstherapie mit Betalaktam/Makrolid bei hospitalisierten Patienten mit ambulant erworbener mittelschwerer-schwerer Pneumonie, wie es weitläufig bereits praktiziert wird. Leider hat die Studie nicht genügend Power um eine evtl. Verbesserung des Outcomes unter Kombinationstherapie zu zeigen. Getrieben wurden die Resultate durch die Subgruppen mit atypischen Erregern und mit schwerer Pneumonie, während in den Subgruppen ohne Nachweis von atypischen Erregern und mit maximal mittelschweren Pneumonien (PSI I-III) kein Unterschied vorhanden war.

Die Patienten in dieser Studie wurden im Median 10 Tage antibiotisch behandelt, deutlich mehr als die empfohlenen 5-7 Tage (IDSA), was u.a. daran liegen dürfte dass ein relevanter Teil der Patienten erst verzögert bzw. gar nicht die Kriterien für klinische Stabilität erreichte.

Unser Fazit

Ein empirischer Therapiebeginn mit Betalaktam/Makrolid ist insbesondere bei Patienten mit mittelschwerer-schwerer ambulant erworbener Pneumonie sinnvoll, wobei atypische Erreger (insbesondere Legionellen) nach Möglichkeit gesucht werden sollten. Ob bei nur maximal mittelschwerer Pneumonie (PSI I-III) ein Makrolid bereits empirisch gegeben und dann bei fehlendem Nachweis eines atypischen Erregers wieder gestoppt oder erst bei Nachweis eines atypischen Erregers begonnen werden soll, wird leider nicht speziell beantwortet. Hier sollten wir das Problem der zunehmenden Antibiotikaresistenz bedenken.