Urinkultur vor Prothesenoperation sinnlos

Harnwegsinfektionen vor einem Protheseneingriff gelten als Risikofaktor für eine Protheseninfektion. Genügt sogar eine Besiedelung der Harnblase mit Bakterien ohne dass dies Symptome einer Infektion verursacht? Eine Studie aus dem CID lässt aufhorchen… Protheseninfektionen – ein häufiges und schweres Problem
Infektionen von Prothesen unmittelbar nach der Operatione sind mit 2% häufig. Oft sind sie Ausgangspunkt langwieriger Hospitalisationen und wiederholter Eingriffe. Trotz guter präoperativer Desinfektion der Haut und Verabreichung einer perioperativen Antibiotikaprophylaxe bleibt ein Infektionsrisiko nach Prothesenoperationen bestehen.

Seit langem ist bekannt, dass eine Harnwegsinfektion während einer Prothesenoperation das Risiko einer Protheseninfektion erhöht. Ob die sog. asymptomatische (symptomlose) Bakteriurie auch ein Risikofaktor darstellt und ob eine vorgängige Therapie diese verhindern kann, untersucht eine Studie aus dem CID im July 2014.

Wie häufig sind asymptomatische Bakteriurien präoperativ?
In der Studienpopulation aus 3 Zentren (n=2497) wurde fand sich eine asymptomatische Bakteriurien in 12% der Patienten. Frauen waren häufiger (16%) betroffen als Männer (5%) und Urinkulturen waren häufiger positiv bei adipösen Frauen über 71 Jahre und bei Patienten mit schwerer Allgemeinerkrankung (ASA Score über 3).

Asymptomatische Bakteriurie als Risikofaktor für Protheseninfektion
Die Protheseninfektionsrate in der Studie belief sich auf 1.7%, vergleichbar mit anderen Studien. Die Infektionsrate war signifikant höher bei den 12% Patienten mit asymptomatischer Bakteriurie zum Operationszeitpunkt (4.3% verglichen mit 1.4% PJIohne Bakteriurie). Auch postoperative Harnwegsinfekte und schwere Allgemeinerkrankung waren Risikofaktoren für Protheseninfektionen.

Keimspektrum
Protheseninfektionen werden oft durch Gram-positive Hautkeime verursacht. Interessanterweise hatten Patienten mit asymptomatischer Bakteriurie häufiger Protheseinfekte mit gramnegativen (Darm-)Keimen (2% vs 0.2%). Aber die im Urin gefundenen Keime waren nicht dieselben wie beim Protheseninfekt (s. Abbildung).

Kann die Protheseinfektion verhindert werden?
In einer Subgruppenanalyse haben die Autoren angeschaut, ob die Therapie der Bakteriurie das Risiko eine Protheseninfektion zu entwickeln verhindert. Leider wurde die Therapie nicht randomisiert und die Entscheidung ob therapiert werden soll lag beim behandelnden Arzt. Dennoch fanden die Autoren keinen Unterschied in der Protheseinfektionsrate bei Patienten, die für die asymptomatische Bakteriurie behandelt wurden oder nicht. Das Infektionsrisiko war auch bei den behandelten Patienten hoch.

Kommentar
Was die Studie klar zeigt, ist das erhöhte Risiko einer Protheseninfektion bei Patienten mit symptomloser Bakteriurie (und bei schwerer Grunderkrankung). Da aber in der Wunde stets andere Keime isoliert wurden als im Urin und die Infektionsrate sich bei Patienten mit oder ohne Therapie nicht unterschied, scheint ein ursächlicher Zusammenhang unwahrscheinlich.
Wir müssen davon ausgehen, dass Bakterien im Urin nicht direkt ins Blut respektive ins Operationsgebiet gelangen. Vielmehr dürfte die bakterielle Besiedelung der Blase ein Marker sein für ein erhöhtes Risiko (sog. Surrogatmarker). Möglich, dass diese Besiedelung ein Marker für eine spezielle Hautflora darstellt oder eine Veranlagung zur Infektion mit gramnegativen Keimen den Grund für die erhöhte Infektionsrate darstellt.

Soll man nun vor der Operation Harnwegsinfektionen suchen?
Wir sind wie die Autoren der Studie und des dazu gehörenden Editorials (R. Duncan) der Meinung, dass ein präoperatives Screening (Urinkultur bei asymptoamtischen Patienten) nicht sinnvoll ist.Denn die Risiken einer antibiotischen Behandlung (Clostridieninfektion, Resistenzentwicklung, Allergiepotential, Kosten) überwiegen den theoretischen Nutzen bei weitem.