Hautinfekt: Heilung auf einen Schlag?

Ausgedehnte Hautinfektionen sind nicht so selten. Besonders lästig ist aber deren Behandlung: Weil hohe Antibiotika-Wirkspiegel notwendig sind, müssen Patienten praktisch immer einige Tage hospitalisiert werden. Ist dies notwendig?

Wehe, die Keime werden resistent!
Die Notwendigkeit einer Hospitalisation ist das eine Problem. Dazu kommt die drohende Resistenzproblematik: Die meisten Hautinfektionen werden durch die klassischen Hautkeime wie z.b. Staphylokokken oder Streptokokken verursacht. Diese können gelegentlich auch resistent gegen die üblichen Antibiotika sein (MRSA), was die Behandlungsoptionen weiter einschränkt.

Neue Substanzen bergen Optimierungspotential
Anfangs Monat publizierte das NEJM zwei Studien über mögliche Alternativen zur aktuellen Behandlungsstrategie von Hautinfektionen. Das Design beider Studien ist ähnlich sie untersuchen beide ein Lipoglycopeptid (Oritravancin und Dalbavancin), unterscheiden sich jedoch in der Dosierungsfrequenz.

Die Wirkung von Oritavancin ist konzentrationsabhängig. Dank seiner sehr langen Halbwertszeit muss es nur ein einziges Mal gegen werden. Ähnliches gilt für Dalbavancin, es wird jedoch eine zweite Dosis nach einer Woche empfohlen.

Sauberes Studiendesign
In den zwei Studien wurde je eines der beiden neuen Medikamente verglichen mit der Standardtherapie für Hautinfektionen in Regionen/Ländern mit hoher MRSA-Rate (Vancomycin zweimal tägliche während 7-10 Tagen). Der Vergleich wurde Placebo-kontrolliert, verblindet und randomisiert durchgeführt und die Heilungsraten (klinisches Ansprechen) der beiden Vergleichstherapien verglichen. Zeigen wollte man, dass die neuen Behanldungsmethoden ebenso gut abschliessen wie die Standardtherapie (non-inferiority design). Behandelt wurden Patietnen mit einer klinischen Diagnose einer akuten Hautinfektion (Cellulitis, Abszess, Wundinfekt), bei welchen der Arzt eine intravenöse antibiotische Therapie für indiziert hielt.

Selbst bei MRSA-Infektionen hoch wirksame Alternativen
Insgesamt wurden in den beiden Studien knapp 1500 Patienten untersucht. Mikrobiologisch fand sich in der grossen Mehrheit Staphylococus aureus, ca. die Hälfte multiresistent (MRSA). Beide Studien zeigten für Oritavancin respektive Dalbavancin eine gute Wirksamkeit (gleich wie Standardtherapie mit Vancomycin). Die Verträglichkeit war für alle Substanzen gut, Übelkeit etwa gleich häufig und Dalbavancin zeichnete sich aus durch signifikant selteneres Auftreten von Diarrhöe und Juckreiz.

Ein interessantes Therapiekonzept auch für uns?
Die neuen, respektive schon länger bekannten, aber in Vergessenheit geratenen Glycopeptide scheinen gleich wirksam zu sein wie die etablierte Standardtherapie mit Vancomycin bei der Behandlung von akuten bakteriellen Hautinfektionen inklusiv MRSA. Einmalige (oder zweimalige) Injektion versus zweimal/Tag für mehrere Tage wäre sicher ein enormer Vorteil für viele Patienten, da dies häufig heissen würde dass eine ambulante Therapie möglich wäre und Hospitalisierungen vermieden werden könnten.

Eine ambulante Behandlung heisst jedoch auch weniger engmaschige Betreuung zur Detektion allfälliger Komplikationen und Therapieversagen. In den Studien wurden die Patienten ja alle gleich gut betreut. Ob die lange Halbwertszeit bei allfälligen Nebenwirkungen auch problematisch sein kann, wird sich erst mit der häufigeren Anwendung zeigen.
Glücklicherweise (oder dank unserer hohen Hygieneanstrengungen) sind MRSA-Hautinfektionen bei uns extrem selten, doch die einmalige Anwendung eines Antibiotikums könnte auch bei uns interessant sein, wenn sich dadurch Hospitalisationen vermeiden lassen.