Revival der Bakteriophagen: Kommen die Bakterienfresser?

Mit zunehmenden Antibiotika-Resistenzen besinnt man sich in der Wissenschaft wieder auf alte Forschungsprojekte und versucht hier einen Durchbrauch zu finden. Die Bacteriophagen (Bakterienfresser) sind Viren, welche vor der antibiotischen Aera zur Bekämpfung von bakteriellen Infektionen erforscht wurden.

In den Zwanziger- und Dreissiger-Jahren des 20. Jahrhunderts waren Bacteriophagen als grosser Durchbruch in der Wissenschaft gefeiert worden. Bacteriophagen wurden überall in der Umwelt gefunden und die US-Phamrafirma EliLilly hatte damals sogar ein Phagenprodukt vermarktet, gegen Abszesse und respiratorische Infektionen. Dann kam aber in den Vierziger Jahren der grosse Durchbruch mit der Entdeckung des Penicillins, und die Antibiotische Aera war geboren! Die Bacteriophagen gerieten in der westlichen Welt wieder in Vergessenheit, nur in der ehemaligen Sowjetunion, welche schlechten Zugang zur Forschung mit Antibiotika hatte, wurde auf dem Gebiet der Bacteriophagen weitergeforscht. Vor allem im Eliava Institut in Georgien wurde auf dem Gebiet der Bacteriophagen weitergeforscht.

Aber auch im Westen in Frankreich entwickelte man noch bis 1979 im Pasteur Institut Phagen gegen verschiedene Durchfall-Keime und auch gegen Pseudomonas, Staphylococcus und E.coli. Aber seit den Achtziger Jahren bricht dann die Phagen-Therapie ein, vermutlich weil durch die Antibiotika eine einfachere Therapie möglich war, z.t. ohne den Erreger zu identifizieren zu müssen.

Es gibt eine interessante Publikation von 1963, wo mit einem Staphylokokken-Phagen-Lysat (SPL) chronische Staphylokokkeninfektionen wie z.b. die chron. rez. Furunkulose geheilt werden konnten. Trotzdem wurde die Produktion des SPL 1990 eingestellt, und aktuell sei es in den USA nur noch für den Veterinären Gebrauch zugelassen.

2012 entdeckte eine Forschergruppe in Los Angeles einen Bacteriophagen gegen Propionibacterium acnes, welcher zu einer guten Waffe gegen Akne entwickelt werden könnte.

Trotz all den Jahren gibt es aber wenig gute Daten zur Pharmakokinetik solcher therapeutischer Bacteriophagen. In Labortieren sind die Phagen nach oraler Aufnahmen nach ca 2-4 Stunden aus dem Blut verschwunden und in den inneren Organen zu finden für ca. 10 Stunden und länger.

Es gibt mehrere interessante Ansätze zu den Bacteriophagen z.b. gibt es Daten die zeigen, dass Bacteriophagen S.epidermidis im Biofilm an Silikon-Kathetern angreifen können. Hier eröffnet sich ein breites Feld für Prothesen-Infektionen.

Auch für die Nahrungsindustrie sind Phagen wohl interessant, es gibt auch schon Phagen, welche bakterielle Schäden auf Tomaten und Pfeffer bekämpfen.

Wie gesagt das Feld für Bacteriophagen ist unermesslich, und wir werden in ZUkunft sicher vermehrt davon hören, und in diesem Artikel kann ich unmöglich auf alle Daten diesbezüglich eingehen. Ich denke es ist einfach auch wichtig zu wissen, dass sich auf diesem Gebiet was tut.

Die Vorteile einer Phagen-Therapie:

  • da sich die Bacteriophagen mit den Bakterien mitentwickeln, ist das Resistenzproblem hier wohl eher nebensächlich
  • Bacteriophagen wirken nur auf die pathogenen Keime
  • da Bacteriophagen hochspezifisch auf die pathogenen Keime wirken, haben sie praktisch keine Nebenwirkungen
  • Bacteriophagen brauchen die pathogenen Bakterien um zu überleben, so bald die Infektion bekämpft ist, sterben auch die Bakteriophagen ab

Die Nachteile der Phagen-Therapie:

  • es gibt keine „breitspektrum“ Phagen, sie können deshalb nicht in der akuten Situation verwendet werden, da man zuerst den Erreger kennen muss
  • Bacteriophagen müssen spezisfisch für jeden Keim „gezüchtet“ werden, was natürlich sehr aufwendig ist, und immer wieder bei jeder Erkrankung von vorne beginnen muss.

Zukünftig möglicher denkbarer Einsatz von Phagen.

  • Impfstoff-Entwicklung
  • gezielte Therapien für bakterielle Infekte
  • eventuell Biofilm aktive Therpaie für Protheseninfekte mit klar definiertem Bakterium
  • AkneTherapie
  • Nutzen in der Landwirtschaft
  • und noch vieles mehr….

Bis dahin braucht es aber noch mehr klinische Daten, einige Daten sind schon vorhanden, aber schwer zugänglich da die Forschung v.a. in Georgien, Russland und Polen stattfand.

Da unsere „Wunderwaffe“ Antibiotikum nun langsam stumpf wird, brauchen wir andere Approaches, und die Bacteriophagen könnten bald ein Revival erleben, das sieht man, wenn man die Literatur ein bisschen diesbezüglich durchforstet.

Hier finden Sie nur einen kleinen Anteil, aber im Artikel von Golkar et al von 2014 finden Sie eine schöne Zusammenfassung und weitere unzählige Literaturangaben.