Erhöht eine Gürtelrose das Infarktrisiko?

Zwei Langzeitbeobachtungsstudien in England und Dänemark suggerieren, dass eine durchgemachte Gürtelrose ein möglicher Risikofaktor für einen Hirninfarkt sein könnte.

Erste Hinweise aus Dänemark
Im Juli 2013 erschien im PLOSone eine Studie, welche anhand des Dänischen Zivilregisters alle Menschen über 18 Jahren einschloss, die zwischen 1995 bis 2008 eine Medikation gegen H.Zoster erhielten. Weiter erfassten die Autoren alle Patienten welche gemäss ICD Kodierung in der gleichen Zeitspanne einen Stroke (Hirnschlag) oder eine TIA (Transiente ischämische Attacke) erlitten hatten. Rund doppelt so viele Menschen (5%) hatte einen Hirnschlag als Personen mit Gürtelrose.

Die Autoren fanden, dass das Risiko für einen Hirnschlag nicht gleichmässig veräuft, sondern während den 14 Tagen nach einer Gürtelrose mehr als doppelt so hoch war. Weniger deutlich, aber immer noch erhöht war dann das Risiko für einen Hirnschlag im ersten Jahr nach der Gürtelrose aber auch danach. Die Erhöhung des Hirnschlag-Risikos war insbesondere deutlich bei Patienen, welche die Gürtelrose vor dem 40. Altersjahr erlitten.

Alles nur eine Folge der antiviralen Behandlung?
Interessant ist in diesem Zusammenhang auch, dass bereits 2010 Augenärzte aus Thailand in einer retrospektiven Analyse eine erhöhte Hirninfarkt-Rate im ersten Jahr nach durchgemachtem Zoster Ophthalmicus beschrieben hatten (Lin et al). Diese Autoren fanden keinen Unterschied bei Patienten mit oder ohne antivirale Behandlung des Zosters.

Bestätigung aus England
VZV_StrokeNun kamen Englische Epidemiologen in einer retrospektiven Analyse zu einem ähnlichem Resultat (Brauer et al.). In dieser sog. „nested Case-Control Studie“ wurden Daten von Allgemeinpraktikern ausgewertet, welche ihre Behandlungsdaten im THIN (The Health Improvement Network) erfassen. Die Autoren identifizierten in dieser Datenbank 106’601 Fälle von Herpes Zoster und verglichen diese mit doppelt so vielen vergleichbaren Kontrollen gleichen Alters, Geschlechts und Praxisort.

Zum ersten fanden diese Autoren bei den Fällen vermehrt kardiovaskuläre Risikofaktoren. Doch selbst wenn für diese Risikofaktoren statistisch kontrolliert wurde, fand sich noch ein um rund 10-15%, aber statistisch signifikant erhöhtes Risiko für TIA und auch Herzinfarkt. In der nebenstehenden Abbildung zeigt sich, dass das Auftreten einer TIA (B) oder eines Herhinfarktes (C), nicht aber ein Hirnschlag (A) früher bei der Gruppe mit Zoster (blau) auftritt als bei den Kontrollen. Deutlich höher (1.5 bis 2.4x höher) war die Risikoerhöhung jedoch bei Patienten, die eine Gürtelrose vor dem 40. Altersjahr erlitten. In dieser Altersgruppe trat auch der Hirnschlag signifikant gehäuft auf (2.4x häufiger).

Wie erklärt man sich dieses erhöhte Risiko?
Am ehesten lässt sich das  kurzfristig erhöhte Risiko durch eine allgemein erhöhte  Entzündungsreaktion erklären, wie dies für Lungen- oder Harnwegsinfekte gezeigt ist. Aber wie erklärt man sich das erhöhte Risiko auch Jahre später noch? Experimentelle Daten zeigen, dass das Varicella-zoster Virus (VZV) nicht nur in unseren Ganglien weiterlebt, sondern immer wieder auch anderswo, z.B. auch im Speichel aber auch in Gefässwänden nachzuweisen ist. Dies dürfte am Ort des Geschehens dann zur Immunreaktion, mit den entsprechenden Konsequenzen für die Gefässe führen. Und ein wichtiges Detai: Patienten, die einen Zoster durchmachen, haben offenbar eine etwas weniger gute Kontrolle der Virusvermehrung, denn bei Ihnen findet man VZV häufiger im Speichel (und vermutlich auch anderswo).

Was können wir dagegen tun?
Ob eine Impfung gegen H. Zoster das Risiko eines Infarktes senken kann, ist nicht bekannt. Da jedoch Menschen unter 40 am stärksten betroffen sind, kann hier die Impfung, welche erst ab 50 oder 60 Jahren empfohlen wird, kaum etwas bewirken.
SIcher ist, dass es sich lohnt, bei Menschen, welche einen Herpes zoster in jungen Jahren durchgemacht haben, das Risikomanagement der kardiovaskulären Risikofaktoren zu intensivieren.