Das Sonnenschein-Vitamin – nicht nur gut für die Knochen, sondern auch für den Erfolg der Hepatitis C-Therapie

Der Stellenwert des Vitamin Ds in der Osteoporose-Therapie ist unbestritten. Nun mehren sich die Hinweise darauf, dass es als Ergänzung zur Standardtherapie mit Peg-Interferon und Ribavirin auch den Therapieerfolg bei Hepatitis C verbessern kann.

Vitamin D3 (Cholecalciferol) wird entweder aus 7-Dehydrocholesterol unter UV-Lichteinfluss in der Haut gebildet oder muss mit der Nahrung zugeführt werden. In der Leber erfolgt ein erster Hydroxylierungsschritt zum 25-OH-D3 (25-Hydroxy-Cholecalciferol) und in der Niere anschliessend ein zweiter Hydroxylierungsschritt zu dem biologisch sehr aktiven 1alpha-25(OH)2-D3 (1,25-Dihydroxy-Cholecalciferol = Calcitriol). Calcitriol spielt in der Regulation des Calcium-Phosphat-Stoffwechsels eine wichtige Rolle, indem es die Calcium- und Phosphat-Resorption aus dem Darm fördert. Daneben scheint es aber auch noch immunregulatorische Funktion zu haben (bei Vitamin D-Mangel erhöhtes Risiko für Mycobacterium tuberculosis-Infektion und virale Infektionen der oberen Atemwege sowie für akute zelluläre Abstossung nach Lebertransplantation → Risikominderung durch Vitamin-D-Substitution).

In einer von Petta et al. 2010 in Hepatology publizierten retrospektiven Studie fanden sich bei den 197 Patienten mit Biopsie-bestätigter chronischer Hepatitis C Genotyp 1 signifikant tiefere 25-Hydroxy-Cholecalciferol-Serum-Spiegel (25-OH-D) als bei den 49 bzgl. Alter und Geschlecht gematchten, gesunden Kontrollen (Mittelwert: 25,1+/-9,9ug/l versus 43,1+/-10,2ug/l bzw. Anteil mit Spiegel <30ug/l: 73% versus 6%; p<0,001) (möglicherweise Ausdruck einer verschlechterten Leberfunktion). Weibliches Geschlecht war mit niedrigeren 25-OH-D-Spiegeln assoziiert, wobei die Spiegel bei den >=55jährigen nochmals tiefer waren als bei den <55jährigen (kein solcher Altersunterschied innerhalb des männlichen Geschlechts, d.h. a.e. infolge hormonaler Veränderungen bei postmenopausalen Frauen). Zwischen nekroinflammatorischer Aktivität bzw. Fibrosegrad in der Leberbiopsie und dem 25-OH-D-Spiegel fand sich eine inverse Korrelation, d.h. tiefere 25-OH-D-Spiegel bei schwererer Leberschädigung. 70/167 (42%) der bzgl. Hepatitis C während 48 Wochen mit Peg-Interferon (Peg-IFN) und Ribavirin (RBV) behandelten Patienten erreichten ein anhaltendes Therapieansprechen (sustained virological response (SVR) = 6 Monate nach Therapieabschluss weiterhin nicht nachweisbare HCV-RNA). Dabei war der Therapieerfolg bei tieferen 25-OH-D-Spiegeln signifikant schlechter (lediglich Surrogatmarker für weiter fortgeschrittene Fibrose und damit bekannterweise schlechteres Therapieansprechen oder durch 25-OH-D-Mangel begünstigte Fibroseprogression via fehlender Schutz vor oxidativem Stress und vermehrte inflammatorische und fibrogenetische Aktivität der Kupffer´schen Sternzellen (Lebermakrophagen)?).

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In einer von Bitetto et al. 2010 in Transplant International publizierten retrospektiven Studie an 42 konsekutiven Lebertransplantierten mit rekurrenter Hepatitis C (76% Genotyp 1, Immunsuppression mit Cyclosporin bzw. Tacrolimus, initial plus Steroid) wurde der Einfluss des Vitamin D-Spiegels und/oder der Vitamin D-Substitution auf die SVR-Rate untersucht. Behandelt wurde Genotypen-unabhängig während 48 Wochen mit IFN-alfa (3x/Wo Standard-IFN bzw. 1x/Wo pegyliertes IFN (64%)) und Ribavirin (cave: antivirale Therapie begünstigt akute Transplantatabstossung, v.a. bei IFN-Monotherapie; besseres Therapieansprechen unter Cyclosporin-A- versus Tacrolimus-basierter Immunsuppression). Die Vitamin D-Serum-Spiegel wurden bei allen Patienten jeweils unmittelbar vor Beginn der antiviralen Therapie bestimmt. 15 Patienten (36%) erhielten eine orale Vitamin D3-Substitution von täglich 800 IU Cholecalciferol (Susbtitutionsbeginn innerhalb des ersten postoperativen Trimesters, so dass bei HCV-Therapie-Start zumeist schon >1 Jahr substituiert, Vitamin-D-Substitution während der gesamten HCV-Therapie ununterbrochen fortgesetzt), um bei bereits vor Transplantation bestehender Osteopenie/Osteoporose einem weiteren Knochenabbau vorzubeugen (kein bestimmter Vitamin D-Spiegel angestrebt, Normalisierung des Vitamin D-Spiegels lediglich bei 50% der Supplementierten). 1/10 (10%) der Patienten mit schwerem Vitamin D-Mangel (<=10ng/ml (=ug/l)), 6/20 (30%) Patienten mit Vitamin-D-Werten zwischen 10 und 20ng/ml und 6/12 (50%) Patienten mit nahezu normalen 25-OH-D-Spiegeln (>20ng/ml) erreichten eine SVR (p<0,05). Vitamin D-Mangel war somit mit einem schlechteren HCV-Therapie-Ansprechen assoziiert, während eine Vitamin-D-Susbtitutionstherapie die Chancen, eine SVR zu erreichen, verbesserte (8/15 (53%) versus 5/27 (19%), p<0,02) und die Zeit bis zur HCV-Clearance signifikant verkürzte. Baseline 25-OH-D-Spiegel und Vitamin-D-Substitution hatten dabei einen synergistischen Effekt (25-OH-D <=20ng/ml ohne Vitamin D-Substitution: 4/22 (18%) SVR; 25-OH-D >20ng/ml ohne Vit.D-Substitution oder 25-OH-D<=20ng/ml und Vit.D-Substitution: 4/13 (31%) SVR; 25-OH-D >20ng/ml und Vit.D-Substitution: 5/7 (71%) SVR), welcher sich auch in der Zeit bis zur Viruselimination widerspiegelte.

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In die gleiche Richtung weisen die Resultate einer prospektiven, randomisierten Studie von Abu Mouch et al., welche bisher nur in Abstract-Form am EASL 2010 in Wien publiziert wurde. 58 Therapie-naive Patienten mit chronischer Hepatitis C Genotyp 1 wurden auf 2 Gruppen randomisiert: 27 Patienten im Behandlungsarm erhielten Peg-IFN-alpha 2b (1,5ug/kg 1x/Wo s.c.) plus Ribavirin (1000-1200mg/d p.o.) mit Vitamin D3 (1000-4000 IU/d p.o., Serum-Spiegel >32 ng/ml) und 31 Patienten im Kontrollarm wurden mit der gleichen Therapie ohne Vitamin D behandelt. Die Patienten im Vitamin-D-Behandlungsarm hatten etwas schlechtere Voraussetzungen für ein Therapieansprechen (höherer BMI: 27+/-4 vs 24+/-3 (p<0,01), grösserer Anteil mit hoher Viruslast: 68% vs 58% (p<0,01) und Fibrose-Score (Metavir) >=F2: 55% vs 18% (p<0,001)). Nichtsdestotrotz waren bis auf einen alle Patienten im Behandlungsarm (96%), jedoch nur 48% (15/31) der Patienten im Kontrollarm nach 12 Therapiewochen HCV-RNA-negativ (complete early virological response (EVR)) (p<0,0001). Eine SVR (HCV-RNA 24 Wochen nach Therapieende nicht nachweisbar) wurde bei 86% (13/15) der mit Vitamin D behandelten Patienten versus 41% (5/12) der Patienten im Kontrollarm erreicht (p<0,001). Die Ergänzung der HCV-Standardtherapie mit Peg-IFN/RBV um Vitamin D führte somit bei therapienaiven Genotyp 1-Patienten zu einer deutlichen Verbesserung der SVR-Rate. Als mögliche zugrundeliegende Mechanismen diskutierten die Autoren eine Vitamin D-vermittelte Normalisierung der T-Zell-Funktion, eine Verminderung der HCV-Replikation sowie eine Reduktion der Insulinresistenz (signifikante Reduktion des HOMA-Scores nach vierwöchiger Vitamin D-Substitution). Das verglichen mit Kaukasiern (ca. 50% SVR) schlechtere Therapieansprechen bei Afrikanern (ca. 19% SVR) und Latinos (ca. 34% SVR) wurde mit einem aufgrund der dunkleren Hautfarbe niedrigeren Vitamin D-Spiegel in Verbindung gebracht.

Quellen:
1) Petta et al., Hepatology 2010;51:1158-1167
2) Bitetto et al., Transplant International 2010;30(3):417-444
3) Abu Mouch et al., Journal of Hepatology 2010; 52 (Supp 1):S26