Reisekrankheiten bei Männern und Frauen

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Reisen ist mit gesundheitlichen Risiken verbunden. Die vorliegende Arbeit hat anhand von Daten des GeoSentinel Network (1997-2007) bei 58908 Reisenden Unterschiede bei Reise-assoziierten Erkrankungen analysiert. Dabei wurden Geschlechter-spezifische Häufigkeitsunterschiede Reise-Erkrankungen identifiziert und dann  diese Unterschiede im biologischen bzw. sozio-kulturellen Kontext diskutiert.

Demographie
Weibliche Reisende sind jünger, kürzer unterwegs und häufiger Touristinnen. Hochrisiko-Aktivitäten (Backpacking) sind bei beiden Geschlechtern gleich beliebt. Reisemedizinische Beratungen werden häufiger von Frauen in Anspruch genommen. Frauen werden auch vermehrt nach Reisen in entsprechenden Zentren medizinisch behandelt.

Geschlechter-assoziierte Erkrankungshäufigkeiten
Frauen erleiden auf Reisen häufiger Durchfall, Krankheiten der Atemwege (ausser Pneumonien), Harnwegsinfekte, Medikamentennebenwirkungen und psychische Belastungssituationen. Männer hingegen erkranken häufiger an febrilen Infekten (Malaria, Rickettsiosen, Dengue und Leishmaniose), chronischen viralen Hepatitiden, sexuell übertragbaren Erkrankungen sowie an der Höhenkrankheit.
Die Gründe für die Geschlechter-spezifischen Unterschiede können im biologischen Geschlecht, im sozialen Geschlecht oder Beidem liegen.

Die Biologie
Wahrscheinlich biologisch bedingt ist die unterschiedliche Verträglichkeit von Medikamenten. Bekannt ist die schlechtere Mefloquin-Toleranz von Frauen. Harnwegsinfekte werden durch die weibliche Anatomie begünstigt.
Auch ihre Ursache in der Biologie scheinen die gehäuften Amöbenabszesse bei Männern zu haben. Männliches Serum besitzt eine geringere Potenz zur Elimination von Entamoeba histolytica-Trophozoiten.

Das Verhalten
Das gehäufte Auftreten sexuell übertragbarer Erkrankungen ist durch das Risikoverhalten von Männern (häufigere sexuelle Gelegenheitskontakte auf Reisen) bedingt.

Biologie und Verhalten
Sowohl biologische als auch sozio-kulturelle Hintergründe sind Ursache des erhöhten Risikos von Männern, an febrilen Infekten zu erkranken. Die die Malaria übertragende weibliche Anopheles-Mücke zeigt eine höhere Affinität für Männer. Wirte werden von der Mücke mittels olfaktorischer Reize wie Kohlendioxid, Schweiss und volatilen Hautprodukten identifiziert, die Männer in grösserer Menge produzieren. Ebenfalls werden durch die vermehrte Schweissproduktion Anti-Mückensprays rascher wirkungslos. Daneben spielt aber auch das Verhalten eine wichtige Rolle: Die Adhearance von Männern für prophylaktische Massnahmen (inkl. Chemoprophylaxe) ist schlechter.

Reisemedizinische Beratung
Daraus ergeben sich einige Gesichtspunkte für die Reise-medizinische Beratung. So sollten Frauen auf das Auftreten von Harnwegsinfekten vorbereitet werden und bei geringem Körpergewicht müsste gegebenenfalls die Dosierung von Medikamenten angepasst werden. Vermehrt zu thematisieren, insbesondere auch in der Beratung von Männern, sind das Risiko und die Prävention sexuell übertragbarer Erkrankungen.

Quelle: Schlagenhauf et al., CID 2010; 50(6):826-32.