Was die Griechen mit HIV gemein haben

80514trojanhorse.jpg Das primäre Ziel der HIV-Prävention ist die Verhinderung der HIV-Übertragung. Daher ist das Verständnis der Übertragung von entscheidender Bedeutung. Ceballos et al. tragen ein weiteres Puzzleteil dazu bei: HIV haftet an Spermien und wird so aktiv von Abwehzellen aufgenommen – der erste Schritt zur systemischen Infektion.

HIV infiziert Abwehrzellen. Dies geschieht beim Geschlechtsverkehr durch Mikroverletzungen in der vaginalen Schleimhaut, durch welche das HI-Virus in Kontakt mit Abwehzellen kommen kann, und wird begünstigt durch andere Geschlechtserkrankungen, welche mit einer Anreicherung von Abwehrzellen in der Schleimhaut vergesellschaftet sind. Die infizierte Abwehrzelle wandert dann aus der Schleimhaut in den Lymphknoten, wo weitere Abwehrzellen infiziert werden, und die Ausbreitung der Infektion nimmt ihren unaufhalsamen Lauf.

Dieser Infektionsmodus setzt die aktive Penetration des HI-Virus durch die vaginale Schleimhaut voraus. Ceballos et al. zeigen in einem sauber konzipierten und kontrollierten Experiment (erschienen im Journal of Experimental Medicine), dass das HI-Virus aber auch noch viel perfieder ist: es bedient sich der Spermien als "trojanisches Pferd" und infiziert unter der Schleimhaut gelegene Abwehzellen so ganz direkt.

Die Autoren zeigen, dass

  • das HI-Virus an Heparan-Sufat, welches im Überfluss auf Spermien vorhanden ist, binden kann und so auf den Spermien "mitreitet".
  • Spermien von dendritischen Zellen (Abwehrzellen, welche in jeder Schleimhaut vorhanden sind) aktiv "gefressen" (phagozytiert) werden (siehe Abbildung).
  • dendritische Zellen nach der "selbstverschuldeten" Infektion mit dem an den Spermien gebundenen HI-Viren aktiviert werden.
  • dendritische Zellen das HI-Virus an weitere Abwehzellen effizient weitergeben können (welche dann in den Lymphknoten wandern).

Abbildung: Spermien (gelb) gebunden an dendritische Zellen (rot)

Die Spermien sind somit ein "trojanisches Pferd", welche aktiv zu der Infektion mit HIV beitragen. Wie und ob dieses Wissen praktisch angewandt werden kann, ist noch unklar. Klar bleibt auch nach diesem neuen Puzzlestein, dass einzig Kondome vor einer Infektion schützen! Denn klar ist auch, dass die Achillesferse des HI-Virus immer noch nicht gefunden ist, und wohl auch in absehbarer Zeit nicht gefunden werden wird. Konsequent angewandt, wäre vielleicht auch der trojanische Krieg anders ausgegangen….

Quelle: JEM, November 2009