Procalcitonin und Dauer der antibiotischen Therapie bei Patienten mit Sepsis

Die Dauer der antibiotischen Therapie bei kritisch kranken Patienten beruht auf reiner Empirie. Kann die (teure) sequentielle Bestimmung von Procalcitonin (PCT) helfen, diese zu verkuerzen? Und damit helfen, den (Breitspektrum)antibiotikaverbrauch im Spital und damit die Entwicklung von resistenten Keimen zu reduzieren oder Kosten zu senken?

Eine am Universitätsspital Genf durchgeführte Studie untersuchte diese Frage mit einer prospektiven Studie (Nobre et al., AmJRespirCritCareMed; Vol 177, 498-505,2008). Patienten mit schwerer Sepsis wurden entweder

  • der Interventionsgruppe (Procalcitonin gesteuerte Dauer der antibiotischen Therapie: Stop der antibiotischen Therapie, falls PCT-Abfall >90% im Vergleich zu Ausgangswert (nicht vor Tag 3 wenn Ausgangswert < 1mcg/L oder vor Tag 5 wenn Ausgangswert > 1 mc/L oder bei positven Blutkulturen)
  • oder der Kontrollgruppe (Dauer der Gabe gemäss den klinikinternen Standards) zugeteilt.

Die Wahl der antibiotischen Therapie erfolgte gemäss den lokalen Empfehlungen bzw. dem behandelnden Arzt und gemäss Keim- und Resistenzmuster, welchem der initiale PCT-Wert unbekannt war.

Von den knapp 300 evaluierten Patienten mussten beinahe drei Viertel ausgeschlossen werden (Infektionen mit Erregern, welche standardmässig lange behandelt werden müssen (z.B. Legionella pneumophila, Listeria spp., Mykobakterien, aber auch Pseudomonas aeruginosa, Acinetobacter baumanni), virale oder parasitäre Erkrankungen, schwere Immunsuppression, bereits antibiotisch behandelt, etc.).
Die eingeschlossenen Patienten (n=68) der beiden Gruppen unterschieden sich nicht bezüglich Schwere der Erkrankung, Komorbidität, Aetiologie der Sepsis, Anteil Patienten mit positiven Blutkulturen und diagnostiziertem Erregerspektrum.
Bei den primären Endpunkten zeigten sich je nach Art der Analyse (Intention to Treat, Per Protocol Analysis) signifikante Unterschiede bei der Dauer der antibiotischen Therapie bzw. der totalen antibiotischen Exposition. Bei der Mortalität nach 28 Tagen, Tod durch Sepsis und Relaps der Infektion fanden sich keine Unterschiede, während sich die Dauer des Aufenthalts auf der Intensivstation als einziger sekundärer Endpunkt signifikant zugunsten der Interventionsgruppe unterschied.

Tabelle: Resultate

Die Folgerung der Autoren ist, dass eine sequentielle Testung von PCT die Dauer der antibiotischen Therapie und der Aufenthalt auf der Intensivpflegestation verkürzen kann und damit durch die Reduktion der antibiotischen Exposition möglicherweise der Entwicklung von (multi)resistenten Keimen entgegengewirkt werden kann.

Kommentar:
Studien, die als Resultat eine mögliche Reduktion des Antibiotikumeinsatzes zur Folge haben, sind wertvoll. Damit können die Selektion und auch die Ausbreitung resistenter Keime reduziert und auch die Kosten gesenkt werden. Auf mögliche Limitationen der Studie (Durchführung an einem Zentrum, relativ kleine Zahlen, usw.) wird in der Diskussion der Autoren ausführlich eingegangen.
Allerdings sind weitere grundsätzliche Aspekte zu berücksichtigen:
Die Bestimmung von PCT ist nach wie vor sehr teuer. Es stellt sich die Frage, ob nicht mit anderen bereits bekannten Parametern (Klinik, Scores, andere Entzündungszeichen) genügend Informationen zur Verfügung stehen, die nicht ebenso gut für oder gegen eine notwendige Weitergabe einer antibiotischen Therapie entscheiden könnten.
Zudem zeigen immer mehr Studien, dass bei verschiedensten bakteriellen Infekten kürzere antibiotische Therapien im Vergleich zu meist auf empirischen Daten beruhenden Empfehlungen keine Verschlechterung des outcomes zur Folge haben müssen. Damit ist die Frage erlaubt, ob nicht auch bei Patienten mit Sepsis unabhängig von teuren Procalcitoninbestimmungen in vielen Fällen die Dauer der antibiotischen Therapiedauer verkürzt werden könnte.