Tollwut – tödliche Bisse

Nach Schätzungen der WHO sterben jährlich weltweit ca. 50.000 Menschen an Tollwut. In Europa wurden in den letzten 25 Jahren 281 Fälle gemeldet. Hauptüberträger sind dabei wild lebende Fleischfresser wie Füchse, Dachse und Marder. In der Schweiz gibt es Tollwut seit Jahren nur noch bei Fledermäusen. Gefahr droht aber bei Reisen in Endemiegebiete wie Südostasien, Südamerika und Nordafrika. Wie man sich verhalten sollte, wenn man „vom wilden Affen“ gebissen wird, lesen Sie hier…

Infektion / Übertragung

Das Tollwut-Virus wird über den Speichel und damit vorwiegend durch Bisse, aber auch über Schleimhautkontakt übertragen.  Blut und Urin gelten als nicht infektiös. Tollwütige Tiere verlieren ihre angeborene Scheu vor Menschen und sind bissfreudiger. Vorsicht also bei scheinbar zahmen Wildtieren und streunenden Hunden in Tollwutendemiegebieten (s. Karte, rot=hohes Risiko, lila=niedriges Risiko, grün=unproblematisch)!

Ein Indiz für eine Erkrankung ist die Wasserscheu und das vermehrte Speicheln der Tiere, die wegen Schlundkrämpfen nicht mehr schlucken möchten. In späteren Stadien kommt es zu Lähmungen, Koma und schliesslich zum Tod. Beim Menschen treten diese Symptome – bis auf die Bissbereitschaft – ebenfalls auf. Zu Beginn sind Stimmungsschwankungen von Depression zu Aggression auffällig. Die Inkubationszeit beträgt ca. 3-8 Wochen, selten sogar Jahre. Innerhalb von 7 Tagen nach Symptombeginn tritt der Tod an Atemlähmung ein bei nahezu 100% der Betroffenen, denn eine kausale Therapie gibt es nicht..

Vorsorgen ist besser!

Deshalb wird vor Individualreisen in Endemiegebiete eine Tollwutimpfung empfohlen, ebenso wie Förstern und Tierärzten in Gebieten mit terrestrischer Tollwut und Fledermausforschern und dem Personal in Diagnostiklabors. Die präexpositionelle Impfung besteht aus vier Dosen (Tag 0, 7, 21 oder 28, Booster nach 12 Monaten) und schützt ca. 5 Jahre. Nach der 3. und 4. Dosis sollte der Antikörpertiter kontrolliert werden (Zielbereich >0,5 IE/ml im Tollwut-Serumneutralisationstest RFFIT). Bei niedrigem Titer erfolgt alle 6 Monate eine Boostergabe.

Und nach dem Biss?

Prinzipiell sollte die Wunde zunächst mit Wasser und Seife ausgewaschen werden und anschliessend gründlich mit Desinfektionslösung gespült werden. Die WHO unterscheidet drei Grade der Exposition, nach dem sich die Indikation zur Postexpositionsprophylaxe (PEP) richtet:

Vorgehen bei Bissverletzungen mit Tollwutverdacht

Wenn möglich, sollte ein verdächtiges Tier mindestens 10 Tage isoliert werden. Die Postexpositionsprophylaxe mit Rabies Immunglobulin und aktiver Impfung wird bei gegebener Indikation sofort begonnen und kann abgebrochen werden, wenn das Tier in dieser Zeit keine Symptome zeigt. Ist eine Isolation nicht möglich oder hat man ein möglicherweise tollwütiges Tier gesichtet, sollte mit dem entsprechenden Veterinäramt Kontakt aufgenommen werden. Beim Menschen muss im Verdachtsfall, d.h. bei jeder unklaren akuten Neurologie, sofort die Spitaleinweisung erfolgen und der Kantonsarzt informiert werden. Kontaktpersonen mit Hautwunden oder Schleimhautkontakt mit Speichel sollten immunisiert werden. Solange keine Symptome auftreten, ist es nie zu spät für die Impfung!

Bei geimpften Personen ist lediglich eine Boostergabe an Tag 0 und 3 notwendig. Unvollständig oder nicht Immunisierte erhalten eine komplette postexpositionelle Serie mit 5 Dosen an Tag 0, 3, 7, 14 und 30 und Titerkontrolle an Tag 21. Bei ungenügendem Titer (<0,5 IE/ml) wird wöchentlich weitergeimpft bis das Ziel erreicht ist. Möglichst rasch sollte auch die passive Impfung erfolgen; hierzu werden 20 IE/kg KG humanes Rabiesimmunglobulin um die Wunde infiltriert. Im Ausland wird häufig Pferde-Immunglobulin verwandt, dann muss die Dosis verdoppelt werden. Ein weiteres Problem ist der häufig fehlende Nachschub des Impfstoffes, der teilweise auch nicht so immunogen wie der hierzulande übliche ist. Aus diesen Gründen empfehlen wir Fernreisenden in Endemiegebieten, sich zunächst vor Ort in ärztliche Behandlung zu begeben zur Wundversorgung und – bei gegebener Indikation – Beginn der Impfung. Anschliessend sollte die Heimreise angetreten werden! Im Heimatland angekommen, kann der Hausarzt mit der Tollwutzentrale abklären, welche weiteren Massnahmen erforderlich sind.

Leider gibt es bisher keine zuverlässigen Tests, um die Tollwut während der Inkubationszeit sicher zu diagnostizieren, denn die Serokonversion findet erst bei fortgeschrittener Klinik statt. Bei entsprechender Klinik sollten jedoch Speichelproben zur PCR oder Virusisolation (Sensitivität 30-60%) oder eine Ganzhaut-Stanzbiopsie am Haaransatz des Nackens (Antigennachweis, Sensitivität 60-80%) sowie Serum- und Liquorproben entnommen werden.

Wie immer bei seltenen Erkrankungen gilt auch hier: Dran denken ist die wichtigste Erstmassnahme!! Alles weitere kann man mit der Tollwutzentrale besprechen, die freundlich und kompetent beratet.